
Kopenhagen: Proteste beim Klimagipfel
Proteste beim Klimagipfel Demonstranten scheitern mit Sturm auf Tagungszentrum
Kopenhagen - Die dänische Polizei hat am Mittwochmorgen einen ersten Sturm militanter Demonstranten auf den Tagungsort des Kopenhagener Klimagipfels abgewehrt und etwa 160 Beteiligte festgenommen. Die Polizeikräfte setzten Hunde und Pfefferspray gegen eine kleine Gruppe ein, die den Zaun um das Messezentrum Bella Center überklettern wollte. Ein Polizeisprecher sagte: "Die Demonstranten kommen da nicht rein. Das steht so fest wie Granit."
Vorerst friedlich ist dagegen der angemeldete und legale Hauptdemonstrationszug der Organisation "Climate Justice Action" von einer nahe gelegenen Metrostation zum Klimagipfel verlaufen. Augenzeugen berichteten, dass die 2000 bis 3000 Teilnehmer mit dem Motto "Reclaim Power" ("Verlangt die Macht zurück") vor allem wegen des großen Presseaufgebots vor ihnen nur langsam vorwärtskamen. Die Verantwortlichen bekräftigten ihren Willen zu "zivilem Ungehorsam mit friedlichen Mitteln".
Dänemarks Polizei setzte am Mittwoch ihren betont harten Kurs gegen Demonstrationen rund um den Klimagipfel fort. Sie hatte am Vortag den deutschen Sprecher der Organisatoren, Tadzio Müller, wegen Verdachts auf Planung krimineller Aktionen festgenommen. Bus- und Metrolinien konnten am westlichen Rand von Kopenhagen nur eingeschränkt verkehren. Seit der ersten Demonstration zum Klimagipfel am vergangenen Samstag wurden gut 1500 Teilnehmer festgenommen, die große Mehrzahl von ihnen vorbeugend und ohne konkrete Verdachtsmomente. 350 von ihnen sind Deutsche.
Regierungschefs im Anflug
Die Polizei muss neben der Demonstration am Mittwoch auch die anstehende Anreise von etwa 60 Staats- und Regierungschefs bewältigen. Bevor die Staats- und Regierungschefs sich von Donnerstag an in die Verhandlungen einschalten, wollen sich die Umweltminister auf Entwürfe für die Grundzüge eines Klimaabkommens einigen. Auch am zehnten Tag der Mammut-Konferenz mit mehr als 10.000 Delegierten sind die wichtigsten Streitpunkte ungelöst. Es geht vor allem um Finanzhilfen für die Entwicklungsländer und Reduktionsziele. Vor allem die USA und China müssten mehr Zugeständnisse machen, forderte der EU-Verhandlungsführer und schwedische Umweltminister Andreas Carlgren.
Aus EU-Kreisen hieß es, Europa werde seine bisher angebotenen Klimaziele möglicherweise stückeln. Die EU hat bereits beschlossen, ihren Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent zu senken und auf 30 Prozent zu gehen, wenn andere Industrieländer vergleichbare Angebote machen. Eine Auffanglinie könnte jetzt eine Zahl in der Mitte sein, etwa 25 Prozent. Aus deutschen Verhandlungskreisen wurde dies bestritten.
Wie es aus EU-Kreisen weiter hieß, könnte eine andere Strategie sein, 20 Prozent bis 2020 und 30 bis 2023 anzubieten. Damit könnte auch dem Aufholbedarf der USA Rechnung getragen werden. Die USA haben angeboten, ihren Ausstoß bis 2020 um umgerechnet vier Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Danach würden die Einsparungen aber steil ansteigen.
Einigung ohne finanzielle Zusagen?
Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon hält ein Klimaschutzabkommen ohne feste finanzielle Zusagen für die Entwicklungsländer für denkbar. "Wir können diese Angelegenheit nächstes Jahr diskutieren", sagte er der "Financial Times". Der Uno-Chef meinte weiter, er sei sich nach dem bisherigen Verhandlungsverlauf "nicht sicher, dass eine Zahl für langfristige Finanzhilfen jetzt möglich ist". Es gebe "viele andere wichtige Punkte". Bei Ausbleiben einer Einigung auf die Finanzen müsse die Konferenz ein "einleitendes System" finden.
Die Entwicklungsländer haben inzwischen auf Ban Ki Moons Aussage reagiert und drohen nun mit einem Scheitern des Klimagipfels, wenn die Industriestaaten keine kurzfristigen und langfristigen Finanzhilfen zusagen. Der Sprecher der in der Gruppe G77 zusammengeschlossenen Länder, Lumumba Stanislaus Di-Aping, sagte der Zeitung "Politiken": "Es müssen konkrete Beträge auf den Tisch. Eine andere Sicherheit gibt es für uns nicht."