Rede beim Weltklimagipfel Obama kommt mit leeren Händen
Hamburg - Endspurt zwischen China und den USA in Kopenhagen: Sowohl Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao als auch US-Präsident Barack Obama haben auf dem Klimagipfel in Kopenhagen ihre Reden gehalten. "Ich bin nicht gekommen, um zu reden, sondern um zu handeln", sagte Obama vor den Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen. Der Klimawandel stehe außer Zweifel, "die Welt sieht auf uns", sagte der US-Präsident, der mit etwa einer halben Stunde Verspätung seine Ansprache begann. Obama bekannte sich zu der Verantwortung, die den USA als dem größten CO2-Verursacher pro Kopf zukomme.
Aber er machte keine neuen Zugeständnisse hinsichtlich der Reduktionsziele, sagte lediglich: "Ich bin zuversichtlich, dass Amerika seine Zusagen einhalten wird, die Emissionen um bis zu 17 Prozent bis zum Jahr 2020 zu reduzieren und um mehr als 80 Prozent bis 2050." Das entspricht einer Senkung von vier Prozent bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990, während die Wissenschaft Einschnitte um 25 bis 40 Prozent für nötig hält. Auch hinsichtlich der Finanzzusagen für den von Hillary Clinton versprochenen 100-Milliarden-Dollar-Klimafonds für Drittweltländer wurde Obama nicht konkreter. Immer noch ist unklar, wie viel die USA zu dem Fonds beisteuern werden. Besonders dieser Punkt erschwert die Verhandlungen mit den Entwicklungsländern.
Obama nannte drei Kernpunkte, die die USA in dem in Kopenhagen debattierten politischen Abkommen sehen wollen:
- "entschlossenes Handeln auf nationaler Ebene", um die Klimagase zu reduzieren
- ein Überprüfungssystem, ob die Zusagen eingehalten werden
- Finanzzusagen der Industrie- an die Entwicklungsländer, sowohl kurz- als auch langfristig
Der US-Präsident bekannte sich zu regenerativen Energien und der bereits eingeläuteten Energiewende, die sein Land eingeschlagen habe. "Amerika wird seinen Kurs beibehalten - egal, was in Kopenhagen passieren wird." Das klang alles sehr unbestimmt.
China will seine "freiwilligen" Klimaziele umsetzen
Auch Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao verweigerte neue Zusagen, pries stattdessen die bisherigen Anstrengungen seines Landes: China, der weltgrößte Produzent von Treibhausgasen, habe den Anteil der erneuerbaren Energie in den vergangen Jahren deutlich erhöht, sagte Wen vor den Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen. Er kündigte lediglich an, dass China seine "freiwilligen" Klimaziele auch umsetzen werde, wenn es auf dem Kopenhagener Gipfel keine Ergebnisse geben sollte. Zugleich sprach er sich für umfangreiche Finanzhilfen für die Entwicklungsländer aus. China hat sich nicht auf konkrete Reduktionsziele festgelegt, sondern will seine CO2-Emissionen abhängig vom Wirtschaftswachstum machen.
Nach ihren Reden vor den Gipfelteilnehmern trafen sich Obama und Wen Jiabao zu einem fast einstündigen Gespräch. "Sie hatten eine konstruktive Diskussion, in der es um alle Schlüsselfragen ging", sagte ein Vertreter des Weißen Hauses anschließend und charakterisierte die Unterredung als "einen Schritt nach vorn". Beide hätten ihre Delegationen angewiesen, bilaterale Verhandlungen zu führen und mit anderen Ländern zu sprechen, um auszuloten, ob man zu einer Übereinkunft kommen könne.

"Der Gipfel steht auf des Messers Schneide", sagt Uno-Umweltchef Achim Steiner im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Im Moment lägen die Nerven blank. Ein Erfolg sei aber noch durchaus möglich. Steiner lobte hingegen Obamas Rolle auf dem Gipfel, dieser habe sich in bilateralen Gesprächen sehr engagiert für einen Erfolg eingesetzt.
Auch die deutsche Delegation zeigte sich vorsichtig optimistisch: "Das Ende kann man noch nicht sehen, aber wir bewegen uns in Richtung eines Ergebnisses", sagte Umweltminister Norbert Röttgen (CDU). Die Chance auf eine Einigung sei wieder größer geworden. "In der Sache wie im Verfahren gibt es Fortschritte." Der deutsche Umweltminister geht nicht von einer Verlängerung des Gipfels aus: "Wir bleiben im Zeitplan. Wir müssen es jetzt machen."
Beim Sondergipfel von rund 30 Staaten war ein neues Papier entstanden, das ein Scheitern abwenden soll. Der Text enthalte das Ziel, die Erderwärmung unter zwei Grad zu halten. Außerdem sollten die Finanzzusagen und Verantwortung aufstrebender Länder für den Klimaschutz geklärt werden, sagte Röttgen. "Es ist ein hartes Ringen insbesondere mit den Schwellenländern unter Anführung von China, die Verantwortungsbereiche nicht übernehmen wollen, die ihnen aber zustehen."
Röttgen machte deutlich, dass das Zwei-Grad-Ziel die "Kernanforderung" für einen Erfolg sei: "Wenn wir diese wissenschaftliche Basis nicht in eine politische Verpflichtung überführen, dann kann von dem Erfolg dieser Konferenz nicht gesprochen werden." Die Europäer würden weiter auf ein möglichst ambitioniertes Abkommen drängen.
Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon betonte, man sei einem weltweiten Abkommen näher denn je zuvor. Die Diskussion habe Früchte getragen. Dennoch mahnte auch Ban, dass nur noch wenige Stunden für eine Einigung blieben.
Skepsis, Kritik, Zuversicht
"Die EU und USA pokern weiter", sagte Regine Günther, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik des WWF Deutschland. Die Reden von Präsident Obama und EU-Präsident Barroso in Kopenhagen hätten keine neuen Impulse gebracht. "Es bleibt zu hoffen, dass hinter den Kulissen mehr diskutiert wird, als auf der großen Bühne." Man brauche keine schönen Worte mehr, sondern Taten.
Als Umwelt- und Klimaschützer inszenierte sich Irans Staatschef Mahmud Ahmadinedschad. "Wenn jemand einen Baum fällt, dann ist das, wie wenn er einem Engel die Flügel abschneidet. Wer die Umwelt verschmutzt, begeht eine Erbsünde", sagte er und verteidigte erneut sein umstrittenes Atomprogramm: "Im Vergleich mit fossilen Brennstoffen ist Kernenergie eine saubere Energie."
Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva zeigte sich auf dem Klimagipfel enttäuscht. Er übte Kritik an dem nächtlichen Treffen von etwa 30 Weltführern, darunter Kanzlerin Angela Merkel. Er sei dabei an seine Zeit als Gewerkschaftsführer erinnert worden, als er den großen Firmenbossen gegenübersaß, sagte Lula.
Der indische Premierminister Mammohan Singh erklärte im Plenum des Klimagipfels, das mögliche Ergebnis von Kopenhagen könne "ein wichtiger Meilenstein" auf dem Weg weiterer Verhandlungen werden. Indien gilt als einer der Bremser beim Ringen um ein Abschlussdokument für den Gipfel von Kopenhagen. Singh stellte in seiner Rede drei Forderungen auf: Die "große Mehrheit" aller Staaten wolle, dass die Klimaverhandlungen weiterhin im Rahmen der Uno stattfänden.