Ressource Trinkwasser Uno macht erste globale Grundwasser-Inventur

Trinkwasser wird in Zukunft eine wertvolle Ressource sein, um die womöglich sogar Kriege geführt werden. Doch bisher gab es keinen Überblick über die globalen Reserven. Jetzt haben die Vereinten Nationen die erste Grundwasser-Weltkarte veröffentlicht.

Fast 96 Prozent der Süßwasser-Reserven der Erde liegen nach Angaben der Uno unter der Erde - und die meisten dieser Grundwasser führenden Gesteinsschichten überschreiten Staatsgrenzen. Ärger dürfte in vielen Fällen programmiert sein, insbesondere in trockenen und zugleich konfliktträchtigen Regionen.

Doch trotz der strategischen Bedeutung von Trinkwasser hatte bisher noch niemand eine globale Inventur durchgeführt. Das Internationale Hydrologische Programm (IHP) der Unesco schließt jetzt diese Lücke. Seit dem Jahr 2000 arbeiten die Experten, darunter Mitarbeiter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover, an einer globalen Grundwasser-Datenbank - und haben ihre Ergebnisse nun in Form einer detaillierten Weltkarte veröffentlicht. Sie zeigt alle Grundwasser-Reservoirs, die unter mehr als einem Staat liegen und so für Konflikte sorgen könnten. Bisher umfasst die Bestandsaufnahme 273 solcher Vorkommen. 68 von ihnen liegen in Nord- und Südamerika, 38 in Afrika, 90 in Westeuropa, 65 in Osteuropa und 12 in Asien.

Die Karten des "World-wide Hydrological Mapping and Assessment Programme"  (Whymap) enthalten auch Daten über die Qualität des Wassers - und darüber, wie schnell die Reservoirs wieder aufgefüllt werden. Hier liegt eine Quelle künftiger Probleme: Viele Gebiete, wie etwa Teile Afrikas, waren vor Jahrtausenden wesentlich feuchter als heute. Die Grundwasservorräte unter Nordafrika oder der Arabischen Halbinsel entstanden vor rund 10.000 Jahren und bekommen heute praktisch keinen Nachschub mehr. Bei entsprechender Ausbeutung werden sie schnell leergepumpt sein.

Hundert mal mehr Wasser unter als auf der Erde

Insgesamt enthalten die Grundwasser-Vorkommen laut Unesco rund hundert mal mehr Süßwasser, als auf der Erdoberfläche vorhanden ist. Doch um den steigenden Bedarf der Menschheit zu decken, wird der Erde immer mehr Grundwasser entnommen. Und das nicht nur, um das primäre Bedürfnis - den Durst - zu stillen. 65 Prozent des geförderten Grundwassers werden nach Angaben der Unesco für die Bewässerung, 25 Prozent als Trinkwasser und 10 Prozent für die Industrie genutzt.

Selbst die Europäische Union deckt demnach mehr als 70 Prozent ihres Süßwasserbedarfs mit Grundwasser. In anderen, trockeneren Weltregionen liegt dieser Anteil noch höher: In Marokko 75 Prozent, auf Malta 95 und in Saudi-Arabien gar 100 Prozent. Ähnlich sieht es bei der Bewässerung aus: In Indien wird sie zu 89 Prozent aus Grundwasser gespeist, in Südafrika zu 84 und in Spanien zu 80 Prozent.

In anderen Gebieten sieht es dagegen wesentlich besser aus. Afrika etwa besitzt einige der größten Aquifere des Planeten, wie die unterirdischen Reservoire auch genannt werden. Diese werden laut Unesco noch viel zu wenig genutzt. "Bei nachhaltiger Nutzung haben sie beachtliches Potential", betont die Wissenschafts- und Kulturorganisation der Uno. Da sie aber oft auf die Territorien mehrerer Staaten verteilt sind, müsse man geeignete Regeln für eine kooperative Ausbeutung entwickeln.

Immerhin, so die Unesco, gebe es bereits einige ermutigende Beispiele. In den neunziger Jahren etwa hätten der Tschad, Ägypten, Libyen und der Sudan eine gemeinsame Behörde für die Nutzung des sogenannten Nubischen Aquifersystems eingerichtet. Ein ähnliches Abkommen gebe es auch zwischen Niger, Nigeria und Mali. "Doch solche Mechanismen", erklärt die Unesco, "sind die Ausnahme."

mbe

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