

SPIEGEL ONLINE: Ihre Exzellenz, ein Team deutscher Geologen hat im Auftrag des Wasserministeriums errechnet, dass die in der Gegend um Riad schon in 30 Jahren erschöpft sein könnten. Was sind die Ursachen für diese akute Wassernot?
Mohammed Al-Saud: In den siebziger Jahren hat Saudi-Arabien begonnen, Wasser auf eine Weise zu verwenden, die unnatürlich ist für eine Trockenregion. Wir haben unsere fossilen Grundwasservorkommen, die einzige natürliche Wasserquelle auf der Arabischen Halbinsel, überpumpt, um in der Wüste Getreidearten wie Weizen anzubauen. Das ist nicht nachhaltig und zerstört die Umwelt. Unsere größte Herausforderung ist deshalb der Konflikt zwischen der Landwirtschaft, die rund 85 Prozent des Wassers verbraucht, und den anderen Wassernutzern.
SPIEGEL ONLINE: Was tun Sie, um diesen Konflikt zu lösen?
Al-Saud: Der erste Schritt war vor acht Jahren die Gründung des Ministeriums für Wasser und Elektrizität. Bis dahin lag die Entscheidungskompetenz in Wasserfragen beim Landwirtschaftsministerium - und das führte natürlich immer wieder zu Interessenkonflikten. Denn wer die Landwirtschaft entwickeln will, tut dies auf Kosten des Wassers. Und man kann kein Wasser sparen, ohne die Landwirtschaft zu beeinträchtigen. Bis 2016 werden wir nun die Weizenproduktion im ganzen Land einstellen. In einem nächsten Schritt wollen wir auch den Anbau von Grünfutter reduzieren. Zudem wird der Export von bestimmten Lebensmitteln wie Kartoffeln und Wassermelonen verboten.
SPIEGEL ONLINE: Der Weizenanbau wurde in Saudi-Arabien seit den siebziger Jahren massiv subventioniert, mit der Begründung, dies sei notwendig für die Lebensmittelsicherheit. Gilt dies heute nicht mehr?
Al-Saud: Nun, ich würde es nicht Propaganda nennen, aber es war nicht richtig. Lebensmittelsicherheit ist nicht dasselbe wie Selbstversorgung. Sie kann auch auf andere Weise erreicht werden, zum Beispiel durch Import. Saudi-Arabien konsumiert 2,5 Millionen Tonnen Weizen pro Jahr, und die verfügbare Menge auf dem Weltmarkt beträgt 160 Millionen Tonnen. Das heißt, wir benötigen nur etwa 1,6 Prozent des weltweit erhältlichen Weizens. Import erscheint mir da eine sehr vernünftige Option zu sein.
SPIEGEL ONLINE: Neuerdings werden saudi-arabische Unternehmer auch von der Regierung dabei unterstützt, Ackerland im Ausland zu pachten oder zu kaufen und die Ernte nach Saudi-Arabien zu bringen.
Al-Saud: Das stimmt, das ist eine weitere Alternative. Für die Investoren hat das zwei Vorteile: Erstens sind sie so weniger stark betroffen von den neuen Gesetzen im Königreich, und zweitens können sie einen Teil des landwirtschaftlichen Potenzials im Ausland nutzen.
SPIEGEL ONLINE: Was wird aus den Kleinbauern im Land?
Al-Saud: Sie sollten Lebensmittel produzieren, die geeignet sind für unser Klima, Datteln zum Beispiel. Oder in umweltfreundlichen Gewächshäusern Gemüse und Obst anbauen, das sich sehr teuer verkaufen lässt. Der Preis müsste die Kosten von entsalztem Meerwasser decken, denn das ist unsere einzige Alternative zum Grundwasser. Bisher wird es aber nur in geringen Mengen eingesetzt, weil es energieaufwändig und teuer ist.
SPIEGEL ONLINE: Wird sich das in Zukunft ändern?
Al-Saud: Derzeit laufen verschiedene Forschungsprojekte, in denen versucht wird, Meerwasser mit Solarenergie zu entsalzen. Ich hoffe, dass dieses Experiment gelingen wird, denn Sonne haben wir hier ja nun wirklich genug. Langfristig müssen wir aber auch jeden Wassertropfen im Land recyceln. Da liegt noch ein weiter Weg vor uns: Eine Studie des Ministeriums hat ergeben, dass die Effizienz der Bewässerungsanlagen derzeit nur bei etwa 45 Prozent liegt. Das heißt, von jedem Kubikmeter Wasser, der auf den Feldern versprüht wird, verlieren wir ganze 55 Prozent.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Wüsten weltweit: "Eine Aufgabe wie diese gibt es sonst nirgendwo auf der Welt", sagt Rausch. Der Geologe arbeitet seit sechs Jahren für die GTZ International Services in Riad.
Dattelpalme: Den Anbau von Pflanzen wie etwa Weizen haben viele saudi-arabische Landwirte inzwischen aufgegeben. Bis 2016 soll die Weizenproduktion im ganzen Land eingestellt werden. Dagegen sei die dürreresistente Dattelpalme eine "geduldige Pflanze. Sie passt am besten in unser Klima."
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden