Fairness Ungerechtigkeit lässt Schimpansen kalt
Ungerechtigkeiten können viele Menschen nicht ertragen: Sie greifen ein, wenn jemand einen anderen benachteiligt. Schimpansen verhalten sich anders, wie Experimente zeigen.
Schimpanse im Taronga Zoo, Sydney: Hauptsache, selbst was zu essen
Foto: GREG WOOD/ AFPLeipzig - Wenn Schimpansen von einem Artgenossen bestohlen werden, wehren sie sich und bestrafen den Missetäter. Werden andere aus ihrer Gruppe beklaut, ist ihnen das jedoch ziemlich egal. Das fanden Forscher vom Leipziger Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie bei Experimenten mit Zootieren heraus.
Bei Streit unter Gruppenmitgliedern treten Schimpansen in der Regel als Schlichter auf. Das Leipziger Forscherteam wollte in seiner Studie herausfinden, ob sie auch dann einschreiten, wenn andere soziale Regeln gebrochen werden - also untersuchten sie den Gerechtigkeitssinn der Tiere bei Diebstahl.
Bei den Experimenten, die im Leipziger Zoo stattfanden, gaben die Wissenschaftler zunächst einem Schimpansen die Chance, einem anderen das Futter zu stibitzen. "Nachdem der Diebstahl passiert war, gab es die Möglichkeit, dem Dieb das Futter wieder zu entwenden, ohne - und das ist der Kernpunkt - eine Belohnung dafür zu erhalten", erläutert die federführende Autorin der Studie, Katrin Riedl. Bei den Beobachtungen stellte sich heraus, dass es den Tieren gleich war, wenn andere bestohlen wurden - unabhängig davon, in welcher Beziehung sie zu den Artgenossen standen.
"Wir sind an der Untersuchung natürlicher Verhaltensweisen interessiert. Insofern haben wir die Tiere nicht zu etwas bringen müssen im Sinne eines Trainings", betont Riedl. Die Ergebnisse haben die Forscher im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht.
Nach Angaben der Wissenschaftler hat sich die Bestrafung Dritter als Durchsetzungsmaßnahme erst im Laufe der Evolution zum Menschen entwickelt. Diese Eigenschaft halte das soziale Zusammenleben der Menschen aufrecht. "Wenn es keine Möglichkeiten der Sanktionierung gäbe, würde in einer Gruppe kooperierender Individuen die Zusammenarbeit nachlassen, sobald sich nur wenige Individuen rein eigennützig verhalten", erklärt Riedl.
Erst vor zwei Wochen ist eine weitere Studie erschienen, die sich ebenfalls um die Frage drehte, ob Schimpansen und Bonobos einen Sinn für Fairness haben. Auch hier war das Ergebnis: Unter den Primaten scheint der Mensch der einzige mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit zu sein.
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