Fleischindustrie Regierung rügt Tierquälerei in Schlachthöfen

Ferkel beim Tiertransport: "Kein zuverlässiges Kontrollsystem"
Foto: dapdHamburg - Tiere müssen auf deutschen Schlachthöfen häufig unnötig leiden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor. Demnach werden viele Tiere vor der Tötung nicht ausreichend betäubt.
Die Fehlerquote beim Schlachten von Rindern liege teils bei über neun Prozent, heißt es in der Antwort. Bei Schweinen liege die Fehlbetäubungsrate bei handgeführten elektrischen Anlagen bei bis zu 12,5 Prozent. Selbst bei automatischen Anlagen betrage sie noch 3,3 Prozent.
Die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn führte die Fehlerquote beim Betäuben auf die Akkordarbeit auf Schlachthöfen zurück. Die Bundesregierung charakterisierte die Zwischenfälle beim Schlachten als "so schwerwiegend, dass alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um solche Vorkommnisse sicher auszuschließen". Sie verwies dabei auf die Eigenverantwortung der Schlachthöfe, Tierschutzvorschriften einzuhalten.
"Schlachten im Akkord"
Bis zu 750 Schweine durchlaufen pro Stunde die Betäubungsanlagen eines Schlachthofes. Damit blieben fünf Sekunden für das fachgerechte Töten der Tiere, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die Grünen-Anfrage. Bei Rindern seien es 80 Tiere pro Stunde, womit rund 45 Sekunden je Tier für das Töten blieben.
Laut Tierschutz-Schlachtverordnung (TierSchlV) müssen Tiere so betäubt werden, "dass sie schnell unter Vermeidung von Schmerzen oder Leiden in einen bis zum Tod anhaltenden Zustand der Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit versetzt werden".
Höhn kritisierte, die Regierung verweigere sich, "die Zusammenhänge zwischen den Arbeitsbedingungen und dem mangelnden Tierschutz beim Schlachten anzuerkennen". "Daher sieht sie auch keinen Änderungsbedarf an der gegenwärtigen Praxis des Schlachtens im Akkord." Die Grünen-Politikerin bemängelte, keines der angewandten Kontrollsysteme zur tierschutzgerechten Betäubung und Entblutung sei zuverlässig.
Die Angaben der Bundesregierung seien nicht repräsentativ, sagt Heike Harstick, Sprecherin des Verbands deutsche Fleischwirtschaft (VdF). "Die Bundesregierung bezieht ihre Antwort nach eigenen Angaben aus der Literatur. Die dahinter stehenden Studien sind schon sehr alt und entsprechen nicht dem Stand der Technik".
Auch dürften in Einzelfällen beobachtete Fehler bei Betäubung und Entblutung nicht verallgemeinert werden, es gebe keine Akkordarbeit in Schlachthöfen: "Die Betäubung läuft bei Schweinen in vorgegebenen Zeitintervallen automatisch ab."