So klug wie Schulkinder Krähen bestehen antiken Intelligenztest

Wasserkrug-Test: Nur in der einfachen Variante für Krähen lösbar
Foto: DPA/ UC Auckland/ Sarah JelbertAuckland - Eine Erzählung des griechischen Dichters Äsop beginnt mit einer verzwickten Situation: Aus einem Krug will eine Krähe Wasser trinken, kommt aber nicht tief genug in diesen hinein. Also löst sie das Problem mit einem Trick und wirft Steine in den Krug. Der Wasserspiegel steigt, die Krähe kann ihren Durst stillen.
Was wie eine fiktive Fabel klingt, könnte sich tatsächlich genau so zugetragen haben. Das haben Forscher aus Neuseeland in einem Experiment mit ähnlichem Aufbau überprüft. Die Vögel seien erstaunlich schlau, aber nicht perfekt, berichtet das Team im Online-Fachjournal "PLOS ONE". Ihre Geschicklichkeit entspreche in etwa der von fünf- bis siebenjährigen Kindern.
Die Gruppe um Sarah Jelbert von der Universität Auckland trainierte sechs Neukaledonische Krähen (Corvus moneduloides) darauf, mit kleinen Steinen zu hantieren. Diese als sehr geschickt und lernfähig bekannten Vögel nutzen in der Wildnis kleine Äste und stellen sogar selbst Werkzeuge daraus her. Den Tieren wurde nach dem Training in verschiedenen Experimenten Futter präsentiert, das sich auf einem Korkstück gerade nicht erreichbar in einem Plexiglas-Zylinder befand, dazu eine Auswahl von Steinen und anderen Gegenständen.
Offenbar erfassten die Tiere die Wirkung von Steinen im Wasser erstaunlich schnell, ganz wie in Äsops Fabel: Sie warfen unter anderem Steine in halb mit Wasser, nicht jedoch in halb mit Sand gefüllte Gefäße. Sie bevorzugten eher schwere Objekte als leichte, die im Wasser schwammen, und ebenso eher feste als hohle Gegenstände. Sie wählten unter zwei Wasserzylindern den aus, der bereits am höchsten gefüllt war. In allen Fällen konnten sie dadurch den Wasserstand erhöhen und so an ihr Futter gelangen.
"Gefiederte Primaten" verstehen nur einfache Kausalitäten
Bei zwei weiteren Tests versagten die Tiere jedoch: Bei der Wahl zwischen einer weiten und einer schmalen Röhre wählten sie nicht die schmale, in der das Wasser bei jedem Stein weitaus stärker gestiegen wäre.
Der letzte Test mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad bringt auch kleine Kinder an ihre Grenze: Er besteht aus drei Zylindern. Die beiden äußeren sind nur mit Wasser gefüllt, im mittleren schwimmt ein Futterstückchen. Allerdings passen in den Futterzylinder keine Steine, er ist schlicht zu dünn. Allerdings ist der Futterzylinder mit einem der beiden anderen über eine versteckte Leitung verbunden. Die Krähen hätten also Steine in diesen Wasserzylinder werfen und damit auch das Futter ansteigen lassen können. Doch dafür reichte ihr Verständnis für Ursache und Wirkung offenbar nicht aus.
Unterm Strich entsprechen die Ergebnisse der Vögel nach Forscherangaben in etwa dem, was von fünf- bis siebenjährigen Kindern erwartet werden kann - eine außergewöhnliche Leistung im Tierreich. "Diese Ergebnisse werfen ein Licht sowohl auf die Stärke als auch die Grenzen des Verständnisses", sagte Sarah Jelbert. "Die Krähen versagten bei Tests, bei denen normale kausale Regeln nicht gelten, sie bestanden aber die anderen, und das bedeutet, dass sie ein gewisses Maß an kausalem Verständnis haben."
Schon länger gelten Krähen als Intelligenzbestien, weil sie Werkzeuge benutzen und strategisch entscheiden können. Erst vor kurzem fanden Wissenschaftler erste Hinweise darauf, dass das Hochleistungsgehirn der Vögel ähnlich wie das von Primaten arbeitet. Verhaltensbiologen bezeichnen Krähen ohnehin gelegentlich als "gefiederte Primaten".