Zwergschimpansen Bonobos teilen mit Fremden
Durham/Hamburg - Zwergschimpansen teilen freiwillig ihre Nahrung mit fremden Artgenossen. Bedingung ist, dass ihnen im Austausch soziale Kontakte winken. Ansonsten helfen die Affen Fremden immerhin gelegentlich, an Nahrung zu gelangen.
Das Ergebnis überrascht. Schimpansen gelten als egoistisch. Forscher erklärten die Fähigkeit des Menschen zu sozialen Normen zur Besonderheit, zu der sie ihre differenzierte Sprache befähigte. Allerdings sind auch Bonobos - die auch Zwergschimpansen genannt werden - in der Lage, mit fremden Artgenossen zu kooperieren, berichten Forscher der Duke University in Durham jetzt im Wissenschaftsjournal "Plos One".
In Experimenten haben der Anthropologe Jingzhi Tan und der Neurowissenschaftler Brian Hare von der Duke University untersucht, ob Zwergschimpansen freiwillig Fremden Nahrung geben. Dabei stellten sie fest, dass die Tiere dann von ihrem Futter abgaben, wenn sie im Gegenzug auf Zuwendung hoffen durften.
Die Forscher machten insgesamt 70 Versuche mit 14 verschiedenen Bonobos. In einem Experiment hatten die Affen die Möglichkeit, zwei Artgenossen zu sich in den Käfig zu lassen, um ihr Essen mit ihnen zu teilen. Dabei öffneten sie in den meisten Fällen dem Fremden zuerst die Tür. Nur wenige bevorzugten ihr Gruppenmitglied. Der fremde Affe wiederum öffnete häufig noch zusätzlich dem Gruppenmitglied des ersten Bonobos die Tür, so dass er selbst nun zwei Angehörigen der ihm fremden Gruppe gegenüber saß.
"Mitfühlendes Verhalten"
Dass bei diesem Verhalten nicht nur selbstsüchtige Motive eine Rolle spielen, zeigte ein weiteres Experiment. Dabei war das Essen für die Versuchstiere selbst unerreichbar, jedoch konnten sie mit Hilfe eines Seils einem anderen Bonobo eine Tür öffnen, so dass dieser an das Essen gelangen konnte. Das Versuchstier hatte dabei keine Möglichkeit zu einem direkten Kontakt mit dem anderen. Dennoch öffneten neun von zehn Bonobos wenigstens in einem Versuchsdurchgang die Tür. Dabei kamen Fremde und Gruppenmitglieder gleichermaßen zum Zuge.
Wenn sie allerdings selbst das Essen erreichen konnten und der direkte Kontakt zum Artgenossen nicht möglich war, dann öffnete kein einziges der Versuchstiere die Tür für den anderen - weder für Fremde noch für Gruppenmitglieder.
"Die Ergebnisse legen nahe, dass mitfühlendes Verhalten gegenüber Fremden nicht einzigartig menschlich ist", schließen die Forscher. Leitautor Tan resümiert: "Genau wie Schimpansen wäre unsere Art bereit, Fremde zu töten; genau wie Zwergschimpansen können wir ebenso gut sehr nett zu Fremden sein."
Die Studie zeige, dass keine der für den Menschen angenommenen Ursachen - Sprache, soziale Normen, gemeinsame Kinderaufzucht - nötig seien, damit sich die Bereitschaft entwickeln könne, mit Fremden zu teilen.