Visualisierung des Sandtransports über das Mittelmeer
Foto: CAMSDer deutsche Hitzerekord liegt bei 40,3 Grad, aufgestellt in Kitzingen im August 2015. Und wie es aussieht, ist dieser Wert am Mittwoch nicht geknackt worden - auch wenn etwa im brandenburgischen Coschen an der deutsch-polnischen Grenze nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) am Nachmittag immerhin 38,6 Grad gemessen wurden. Das ist der höchste Juni-Wert aller Zeiten.
Dass die Temperaturen vielerorts nicht noch höher kletterten kann nach Ansicht von Meteorologen damit zu tun haben, dass sich derzeit eine erhöhte Konzentration von Saharastaub in der Atmosphäre befindet - und die kann die Sonneneinstrahlung abmildern.
Wenn Sonnenauf- und -untergänge in den kommenden Tagen besonders spektakulär aussehen, kann das ebenfalls am Sahara-Sand liegen. Die winzigen Teilchen streuen das Licht und sorgen so für ein ganz besonderes Leuchten. Für Autofahrer könnten die Partikel allerdings unangenehme Folgen haben - weil sie den Lack zu verkratzen drohen.
Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig vermeldete am Mittwochmittag, man habe mit einem Laser-Messgerät Staub in zwei bis fünf Kilometer Höhe messen können. Die Geräte senden ultrakurze Lichtpulse in den Himmel. Wenn diese in der Atmosphäre auf die Schwebeteilchen treffen, wird das Licht zum Teil wieder zur Erde reflektiert. Eine Aerosol-Messstation auf dem Schweizer Jungfraujoch hatte die Partikel bereits am Montagabend nachgewiesen.
Auf Bildern des Copernicus Atmosphere Monitoring Service (CAMS) am Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage im britischen Reading ist gut zu erkennen, dass der Sandtransport über das Mittelmeer auch in den kommenden Tagen anhalten wird. Stärker als Deutschland ist dabei Frankreich betroffen.
Transport auch über den Atlantik
Schuld daran ist das Zusammenspiel des Tiefdruckgebiets "Nasir" über dem Atlantik und dem Hoch "Ulla" über der Ostsee. Der Druckunterschied zwischen beiden sorgt dafür, dass derzeit Luft aus der Sahararegion weit nach Norden befördert wird - und mit ihr der Staub.
Derzeitiger Sandtransport über den Atlantik in der Computervisualisierung
Jedes Jahr wehen rund 500 Millionen Tonnen Sand aus der Sahara in verschiedene Erdteile, teils Tausende Kilometer weit. Wichtiger als der Sandtransport aus der Wüste nach Norden nach Europa ist dabei derjenige nach Westen über den Atlantik. Die Passatwinde bringen die Partikel bis in den Amazonas und die Regenwälder der Karibik, wo sie als Nährstoffe wichtig für das Pflanzenwachstum sind.
Aktuell sind auch dorthin wieder große Mengen Sand unterwegs, das zeigen die Daten des CAMS. Die Mengen liegen dabei übrigens weit über denen, die nach Europa wehen.
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Durch Saharasand getrübter Himmel über dem Karwendelgebirge (im Mai 2014): Mit neun Millionen Quadratkilometern ist die Sahara die größte Trockenwüste der Erde - und die größte Staubquelle auf unserem Planeten. Jedes Jahr wehen von dort um die 500 Millionen Tonnen in verschiedene Erdteile, teils Tausende Kilometer weit.
Sand aus der Sahara vor der Küste Libyens (im Mai 2004): Die Sahara exportiert seit mindestens 4700 Jahren quasi ununterbrochen Sand in die benachbarten Erdteile. Die Mineralpartikel düngen die Meere und lassen dort das Phytoplankton sprießen. Sie fliegen regelmäßig auch mit den Passatwinden über den Atlantik - und verbessern die Böden im Amazonas oder den Regenwäldern der Karibik.
Saharastaub über Athen (im April 2008): In Deutschland hat der Wüstensand kaum direkte Folgen - zu hoch ist er in der Atmosphäre. In Griechenland ist das anders, hier können auch die bodennahen Luftschichten betroffen sein.
Staub am Himmel über Westfrankreich (im Oktober 2017): Die Sandpartikel verdunkeln den Himmel, lassen Wolken wachsen und die Temperaturen sinken.
Ausgewaschener Saharastaub auf einer Autoscheibe in München (im Februar 2014): Autofahrer müssen beim Putzen ihres Wagens den Sand mit genügend Wasser abwaschen. Sonst wirken die kleinen Körnchen nämlich wie Schleifpapier. Und ruinieren den Lack.