Lachgas-Emissionen Dünger als Klimakiller

Werden Felder zu stark gedüngt, belastet das nicht nur Böden und Gewässer, sondern schadet auch dem Klima. Laut einer neuen Studie sind die Auswirkungen viel größer als angenommen.
Einsatz von Stickstoffdünger: Grundstoff für ein wichtiges Treibhausgas

Einsatz von Stickstoffdünger: Grundstoff für ein wichtiges Treibhausgas

Foto: Julian Stratenschulte/ DPA

Ist vom Klimawandel die Rede, ist der Schuldige schnell ausgemacht: Kohlendioxid. Doch die Liste klimaschädlicher Gase ist länger und umfasst beispielsweise auch Methan und Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs). Derzeit bereitet Forschern vor allem Lachgas (N2O) große Sorgen.

Laut einer Studie im Fachmagazin "Nature Climate Change"  gelangt es durch die Landwirtschaft in deutlich größeren Mengen in die Atmosphäre als bislang gedacht.

Das liegt vor allem am übermäßigen Einsatz von Stickstoffdünger. Wird Stickstoff (N) nicht von Pflanzen aufgenommen, kann daraus im Boden Lachgas entstehen, das in die Atmosphäre entweicht. Lachgas ist ein 300 Mal stärker wirkendes Treibhausgas als Kohlendioxid und trägt sechs bis sieben Prozent zum weltweiten Treibhauseffekt bei. Außerdem greift der Stoff die Ozonschicht an.

Forscher um Rona Louise Thompson vom norwegischen Institut für Luftforschung (NILU) haben nun Daten eines weltweiten Treibhausgas-Messnetzwerks ausgewertet. Sie überprüften, wie sich die Lachgaskonzentrationen in der Atmosphäre von 1998 bis 2016 entwickelt haben. Ergebnis: Seit Beginn der Industrialisierung nahm der Gehalt in der Atmosphäre von 290 Teilchen pro Milliarde Luftmoleküle (ppb) auf 330 ppb im Jahr 2017 zu.

Landwirt beim Düngen Lachgas wirkt 300 Mal stärker auf Klima als Kohlendioxid

Landwirt beim Düngen Lachgas wirkt 300 Mal stärker auf Klima als Kohlendioxid

Foto: Julian Stratenschulte/ DPA

Vor allem in den vergangenen 20 Jahren stieg die N2O-Konzentration stark an. Im Zeitraum von 2000 bis 2005 lagen die Emissionen noch bei 16,3 Millionen Tonnen Stickstoff in Form von Lachgas im Jahr. Von 2010 bis 2015 erreichte der Wert 17,9 Millionen Tonnen jährlich. Besonders stark hätten die Emissionen seit 2009 zugenommen, so die Forscher.

Weltklimarat unterschätzt Einfluss der Landwirtschaft auf Lachgas-Emissionen

Um den Einfluss der Düngung auf den wachsenden Lachgas-Gehalt in der Atmosphäre zu ermitteln, rechneten die Forscher andere mögliche Lachgas-Quellen aus ihren Daten heraus, darunter die Industrie. Demnach entwich zuletzt etwa 2,3 Prozent des eingesetzten Stickstoffs aus Dünger als Lachgas in die Atmosphäre.

Der Weltklimarat IPCC rechnet in seinen Berichten mit einem Wert von 1,4 Prozent - und hat die N2O-Emissionen aus Böden damit zumindest in den vergangenen Jahren deutlich unterschätzt.

Besonders großen Einfluss auf den steigenden Lachgas-Gehalt in der Atmosphäre hat laut Studie die Landwirtschaft in Ostasien und Südamerika. Vor allem China trägt demnach zu den steigenden Emissionen bei. Aber auch in Indien, Nepal, Bangladesch und Brasilien ist der N2O-Ausstoß aus Böden gewachsen. Gleichzeitig seien dort große Mengen Dünger eingesetzt worden, so die Forscher.

Lachgas hält sich rund 120 Jahre in der Atmosphäre

In den USA und Europa seien die Lachgasemissionen dagegen zuletzt weitgehend stabil geblieben.

Die Studie erhöhe die Bedeutung der Lachgas-Emissionen aus der Landwirtschaft für den Klimaschutz, erklärt Fortunat Joos, Klimaexperte an der Universität Bern, der nicht an der Studie beteiligt war. "Die Ergebnisse legen nahe, dass die Lachgas-Emissionen aus Dünger in den nationalen Klimaberichten an die Uno rund 70 Prozent zu niedrig angesetzt sind."

Es sei aber schwer, die Emissionen komplett zurückzufahren, weil die wachsende Weltbevölkerung ernährt werden müsse. Einziger Trost: Lachgas hält sich nur rund 120 Jahre in der Atmosphäre. Stabilisiert sich der Ausstoß auf niedrigem Niveau, bleibt auch die Lachgas-Konzentration in der Atmosphäre stabil. Zum Vergleich: Kohlendioxid hält sich dort über Jahrtausende.

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