Studie an Birken Luftverschmutzung könnte Pollen aggressiver machen

Birkenpollen können Allergikern massiv zu schaffen machen
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/ picture alliance / dpaFast jede oder jeder siebte Deutsche leidet irgendwann in seinem Leben an Heuschnupfen. Und womöglich sind Menschen besonders betroffen, die in Städten mit stärkerer Luftverschmutzung leben. Das jedenfalls legt eine polnische Studie im Fachmagazin »PLoS One« nahe. Demnach könnten Pollen von Stadtbäumen stärker allergieauslösend sein als die von Bäumen aus Regionen mit sauberer Luft. Unabhängige Experten üben allerdings Kritik an der Arbeit.
Klar scheint: Die Allergiebelastung durch Pollen ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen. Der menschengemachte Klimawandel verändert die Wachstumsperioden der Pflanzen, Pollen fliegen früher und über einen längeren Zeitraum. Hinzu kommen Belastungen durch eingeschleppte Arten wie die Ambrosia.
Darüber hinaus bedeuten Hitze und Trockenheit Stress für Pflanzen. Und das könnte dafür sorgen, dass diese zum einen deutlich mehr Pollen produzieren, zum anderen aber auch zur Abwehr vermehrt allergieauslösende Eiweiße ausschütten.
Unklar ist allerdings, ob Stadtpollen aggressiver sind als Landpollen – eine Frage, der sich nun ein polnisches Forschungsteam angenommen hat. Die Gruppe um Monika Ziemianin von der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Krakau wollte ermitteln, wie sich unterschiedliche Luftverschmutzung auf den Zustand von Birken und die chemische Zusammensetzung der Pollen auswirkt.
Bei der Hängebirke, die unter den Bäumen in weiten Teilen Europas die meisten allergenen Pollen produziert, ist das Protein Bet v1 das Hauptallergen. Für seine Studie untersuchte das Team mindestens drei Bäume an sieben Standorten im Südosten Polens, darunter in kleineren Städten und im Stadtgebiet von Krakau sowie in einem Wald als Referenzgebiet.
Mit Blick auf Fotosynthese-Effizienz und Pigmentzusammensetzung der Blätter fand das Team kaum Unterschiede zwischen Stadt- und Landbirken. Die Analyse der Pollen mithilfe von Raman-Spektroskopie ergab den Autoren zufolge hingegen messbare Abweichungen in der Faltungsstruktur des Proteins Bet v1. Zudem verfügten Pollen von Bäumen stärker verschmutzter Orte über eine höhere Bet-v1-Konzentration. Dies könne die Allergenität erhöhen, schreibt das Team.
Ideen für die Grünflächenplanung
Für Jeroen Buters vom Zentrum Allergie & Umwelt (ZAUM) am TUM-Helmholtz Zentrum München enthält die Studie aber Schwächen: Konkret nennt der Toxikologe eine fragwürdige Sammelmethode mit zu wenig Proben, die zu einem nicht genannten Zeitpunkt entnommen worden seien. Buters beschäftigt sich seit Langem mit Pollenallergien und zeigte 2010 in einer Studie , dass die Freisetzung von Bet v1 aus der gleichen Pollenmenge innerhalb eines Jahres zwischen verschiedenen Tagen um mehr als das Zehnfache schwanken kann.
Während des Reifungsprozesses steige die Menge an Bet v1 jeden Tag dramatisch an. Daher sei äußerst wichtig, wann die Pollenproben genommen wurden, so Buters: »Drei Bäume pro Ort als Probe zu nehmen, reicht nicht aus. Wir haben an über 30 Bäumen gesammelt, und es war trotz der größeren Probenanzahl immer noch schwierig.«
Ein weiteres Problem nennt Stefanie Gilles, Leiterin des Fachbereichs Umwelt-Immunologie der Universität Augsburg: Die Schlussfolgerung, dass die Unterschiede an den Pollen tatsächlich zu einer verstärkten Immunreaktion bei Allergikern führten, sei nicht zulässig, so die Expertin. Es seien keinerlei entsprechende Tests an Patienten mit den Pollenproben durchgeführt worden, so Gilles. Hier wären Versuche im Labor, an Mäusen oder an Birkenpollen-Allergikern unerlässlich, um eine solche Schlussfolgerung zu stützen.
Nichtsdestotrotz sei der Befund, dass die Allergenität von Birkenpollen durch Verkehrsemissionen verstärkt werden könnte, durchaus ernst zu nehmen – schließlich kämen Birken immer noch sehr häufig in Städten vor: »Bei der Planung neuer Grünflächen könnte in Zukunft darauf geachtet werden, keine stark allergenen Pflanzen wie Hasel, Erle oder Birken an Stellen zu pflanzen, in der die Belastung mit Luftschadstoffen hoch ist«, so Gilles.