"Die Nacht ist nicht wirklich dunkel", sagt Nasa-Forscher Steve Miller. Neue Aufnahmen des Suomi-Satelliten, die jetzt auf der Herbsttagung der Amerikanischen Geophysikalischen Union (AGU) in San Francisco vorgestellt wurden, zeigen tatsächlich in eindrucksvoller Schärfe leuchtende Spuren in der Finsternis.
Die Aufnahmen verraten, was nachts geschieht: Städte, Schiffe, Gasflammen, Feuer oder Industrie leuchten auf den neuen Satellitenbildern. Ein geheimnisvoller Schimmer umspannt den gesamten Planeten, das sogenannte Himmelsleuchten. Und selbst Wolken werfen schwache Schatten im Vollmond.
Eine Art Superfotoapparat, der "Visible Infrared Imaging Radiometer Suite" (VIIRS) an Bord des Satelliten registriert selbst kümmerliches Glimmen. "Er funktioniert, als ob drei lichtempfindliche Kameras gleichzeitig auf die Erde blicken", sagt Miller. Kleinste Lichtpixel werden verstärkt, so dass sie sichtbar werden.
Die Bilder eignen sich sogar für polizeiliche Aufgaben, denn Kriminelle hinterlassen Spuren: Man käme selbst kleinen Objekten wie erleuchteten Fischerbooten auf die Spur, die illegal im vermeintlichen Schutz der Nacht Jagd auf Fische machten, berichtet die Nasa.
Die Schwarze Murmel
Ein Vergleich der Wellenlängen des Lichts lässt auf die Quelle schließen: Loderndes Feuer lasse sich von elektrischem Licht unterscheiden. Der Rauch der Waldbrände im August in den USA verriet sich als unheimliche gräuliche Walze, die vom Mondschein erleuchtet wurde. Und als Ende November Vulkane im Osten Russlands ausbrachen, hinterließen ihre Lavakrater kreisrunde Glutkreise auf den Satellitenbildern.
Vor allem dienen die Fotos der Forschung: Die Ausdehnung von Industriegebieten und Siedlungen lasse sich besser abschätzen als zuvor, sagt Miller. Die Größe der Gebiete gibt Aufschluss über ihren Abgasausstoß. "Daraus leiten wir Auswirkungen für die Gesundheit in den betroffenen Regionen ab", ergänzt der Forscher.
Interessant sind mitunter aber gerade die Gebiete, in denen man nichts sieht. Nach Hurrikan "Sandy" verschwanden durch Stromausfälle ganze Siedlungen auf den Nachtbildern der Nasa. Andere Länder liegen dauernd im Dunkeln: Nordkorea etwa verdeutlicht mit seinen wenigen Lichtpunkten neben dem leuchtenden Südkorea die wirtschaftliche Rückständigkeit.
Den wohl faszinierendsten Anblick bietet die Totale: "Schwarze Murmel" nennt die Nasa die ins Dunkel gehüllte Erdkugel, in Anlehnung an die Blaue Murmel, das berühmteste Satellitenbild des Planeten. Ganz dunkel wird die Schwarze Murmel aber nicht, ein glimmender Kranz umgibt die dunkle Seite der Erde: Ultraviolettstrahlung der Sonne bringt Gasteilchen in der Höhe zum Leuchten - schimmernder Vorbote des nächsten Tages.
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Die dunkle Seite: "Schwarze Murmel" nennt die Nasa die ins Dunkel gehüllte Erdkugel, in Anlehnung an die Blaue Murmel, das berühmteste Satellitenbild des Planeten.
Erde ohne Sonne: Die Nasa hat für diese Totalansicht bei Nacht neue Satellitenbilder in bisher unerreichter Schärfe zusammengesetzt.
Nordamerika bei Nacht: Eine Art Superfotoapparat, der "Visible Infrared Imaging Radiometer Suite" (VIIRS) an Bord des Satelliten verstärkt das eigentlich schwache Glimmen von Siedlungen.
Supersturm "Sandy" vor Amerika bei Nacht: Der Hurrikan sorgte für Stromausfälle - viele Lichter erloschen.
Aurora über Kanada (Himmelsleuchten): Geladene Teilchen des Sonnenwinds dringen nahe der Pole tief in die Atmosphäre ein - sie lassen die Luft schimmern.
Nordkorea: Der neue Suomi-Satellit zeigt die wirtschaftliche Rückständigkeit des kommunistischen Landes - es bleibt dunkel. Südkorea hingegen ist bei Nacht ein Lichtermeer.
Buschfeuer in den USA Ende August 2012: Der neue Suomi-Satellit erkennt kleine Flammenherde - und die großen Rauchfahnen (oben links), die vom Mondlicht erleuchtet werden.
Nil: Der riesige Fluss in Nordafrika ist die Lebensader Ägyptens - Städte, Schiffe und Feuer lassen sie leuchten.