Trotz Riesenschnabel Europäische Terrorvögel waren wohl Vegetarier

Terrorvogel Gastornis (Rekonstruktion): Bevorzugte das urzeitliche Tier tatsächlich Grünzeug? Kalziumisotope in fossilen Knochen lassen dies vermuten
Foto: DPA/ Thomas TütkenBonn - Der urzeitliche Riesenvogel Gastornis trägt seinen Beinamen "Terrorvogel" womöglich zu Unrecht. Der vor Millionen Jahren ausgestorbene Vogel mit riesigem Schnabel war offenbar friedlicher als gedacht und verspeiste einst Pflanzen, wie Forscher um Thomas Tütken von der Universität Bonn herausgefunden haben. Die Tiere lebten vor etwa 56 bis 40 Millionen in Europa und Nordamerika.
Die Experten hatten die Kalzium-Isotopen-Zusammensetzung fossiler Knochen des Vogels analysiert. Ihre Erkenntnisse haben sie auf der internationalen Goldschmidt-Tagung für Geochemie in Florenz präsentiert.
Gastornis war bis zu zwei Meter groß. Wegen seines mächtigen Schnabels und seiner Größe hatten viele Wissenschaftler ihn für einen Fleischfresser gehalten. "Man nimmt an, dass Gastornis seinen riesigen Schnabel dafür genutzt hat, seine Beutetiere zu ergreifen und deren Knochen zu brechen. Diese Annahme beruht auf biomechanischen Berechnungen seiner Beißkräfte", erklärt Thomas Tütken.
Nahrungstest mittels Kalziumisotop
Der Vogel habe mehr als zehn Millionen Jahre nach dem Aussterben der Dinosaurier gelebt, als die Säugetiere noch relativ klein gewesen seien und sich noch in einem frühen Stadium ihrer Evolution befunden hätten. "Daher wurde angenommen, dass Gastornis zu dieser Zeit der Top-Räuber unter den Landtieren war."
Allerdings fanden US-Paläontologen zuletzt fossile Gastornis-Fußspuren, die keine Abdrücke von Krallen aufweisen. Krallen sind aber für die meisten Greifvögel typisch, um ihre Beute zu ergreifen. Auch wird von einigen Wissenschaftlern bezweifelt, dass Gastornis sich wegen seiner Körpergröße und seiner kurzen Beinknochen schnell fortbewegen und Jagd auf frühe Säugetiere machen konnte.
Um den Speisezettel von Gastornis genauer zu untersuchen, analysierte das deutsche Forscherteam nun die Kalziumisotope in fossilen Knochen des Riesenvogels aus den Schichten des ehemaligen Braunkohletagebaus im Geiseltal in Sachsen-Anhalt. Entlang der Nahrungskette reicherten sich leichte Kalziumisotope in Knochen und Zähnen an, erklärt Tütken. Bei Gastornis lägen die Werte ähnlich wie bei pflanzenfressenden Säugetieren und Dinosauriern - und nicht wie bei Fleischfressern.
In einem nächsten Schritt sollen Knochen von Urpferdchen und Raubtieren analysiert werden, die gemeinsam mit Gastornis im Geiseltal vorkamen. "Dies wird uns die notwendigen Vergleichsdaten liefern, um endgültig klären zu können, was diese riesigen Vögel gefressen haben", sagt Tütken.