Tierschutz Nürnberger Tierpark lässt Tod von Baby-Delfin untersuchen

Delfinarien sind umstritten, Tierschützer fordern ihre Schließung. Jetzt ist in Nürnberg ein Baby-Delfin gestorben - aufgrund der Gefangenschaft, sagen Kritiker. Definitiv nicht, entgegnet der Tierpark, und hat eine Studie beauftragt.

Nürnberg - Nur vier Tage ist das Nürnberger Delfinbaby alt geworden. Der namenlose kleine Tümmler starb am Sonntag, wie der Tiergarten am Montag mitteilte. "In den letzten Stunden hat er nicht mehr so getrunken wie er sollte", sagte Lorenzo von Fersen, der Delfinexperte des Tiergartens. Mitarbeiter hätten bei dem toten Tier einen extrem niedrigen Blutzuckerspiegel festgestellt. Die genaue Todesursache sei aber noch unklar. "Wir müssen jetzt abwarten, was die Pathologie sagt", so Fersen.

Der kleine namenlose Tümmler ist bereits das sechste tote Delfinbaby im Nürnberger Zoo innerhalb von drei Jahren. "Alle Tiere sind innerhalb der ersten Woche gestorben", sagte der Verhaltensbiologe. "Wir wollen die Ursache jetzt gründlich untersuchen." Deshalb habe der Zoo eine Studie in Auftrag gegeben, die nach einer Systematik der Sterbefälle suchen soll. Erste Ergebnisse werden in einigen Wochen erwartet.

Für Tierschützer liegt der Grund jetzt schon auf der Hand. "Die hohe Sterberate ist Folge der Gefangenschaft, ganz klar", sagte Laura Zimprich, Vorstandsmitglied im Verein Menschen für Tierrechte der Nachrichtenagentur ddp. "Eine artgerechte Haltung von Delfinen in Gefangenschaft ist aus unserer Sicht nicht möglich." Der Lebensraum der Tiere in Freiheit sei den Bedingungen im Zoo "überhaupt nicht ähnlich".

Im freien Meer könnten die Tümmler nach Herzenslust schwimmen und tauchen. Auch ihre natürliche Verständigung sei in Gefangenschaft gestört, so die Tierschützerin. Denn Delfine kommunizieren über Sonar. In dem kleinen Becken stießen die Ultraschallrufe jedoch ständig gegen Wände. "Die Delfine müssen sich wie in einem Spiegelkabinett fühlen", vermutet Zimprich.

"Bereits fünf erfolgreiche Aufzuchten"

Nach Ansicht des Tiergarten-Delfinexperten Fersen sind die Lebensumstände in Gefangenschaft hingegen als Todesursache "hundertprozentig" auszuschließen. In den USA würden die Tiere bereits in dritter Generation gezüchtet, betont Fersen. "Auch in unserer Station hatten wir bereits fünf erfolgreiche Aufzuchten."

Doch der Tierschützerin reichen diese Zahlen nicht aus, um von einem Erfolg sprechen zu können. "In den Zoos ist es keine sich selbst erhaltende Population", sagte Zimprich. Nach Angaben der Tierschützer sind seit 1973 im Nürnberger Zoo inklusive des kleinen namenlosen Tümmlers 32 Delfine frühzeitig gestorben - viele davon waren Jungtiere. "Es gibt eine lange Statistik an Todesfällen von in Gefangenschaft lebenden Delfinen", klagte sie. Deshalb fordert ihr Verein die Schließung aller vier Delfinarien in Deutschland - in Nürnberg, Duisburg, Münster und Soltau.

Zimprich ist auch gegen Umbauarbeiten, wie sie zur Zeit in Nürnberg geplant sind. Dort soll noch in diesem Jahr der erste Spatenstich für eine größere Lagune gesetzt werden. "Um Gottes Willen, bloß keine Genehmigung von Neubauten", protestierte die Tierschützerin. "Natürlich wünschen wir den Delfinen, die dort leben, eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse." Sie befürchte aber, dass für neue teure Anlagen weitere wilde Delfine gefangen werden könnten.

Im Tiergarten Nürnberg hofft man derweil auf den nächsten Nachwuchs. Ein weiteres Delfinweibchen ist zurzeit schwanger, die Geburt wird in den nächsten Wochen erwartet. "Wir hoffen, dann geht alles gut", sagte Fersen.

Kathrin Hedtke, ddp

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