Treibhausgase Was Methan so gefährlich macht

Gerade erst haben mehrere Staaten auf der Klimakonferenz beschlossen, die Emissionen von Methan einzudämmen. Wo kommt das Gas vor? Wie lässt es sich messen? Und welchen Stellenwert hat es gegenüber CO₂?
Milchviehbetrieb in Schottland: Für den größten Anteil des Methanausstoßes ist die Landwirtschaft Viehzucht verantwortlich

Milchviehbetrieb in Schottland: Für den größten Anteil des Methanausstoßes ist die Landwirtschaft Viehzucht verantwortlich

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Martin Harvey / Getty Images

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Das gefährlichste Treibhausgas ist CO₂, weil es in so hohen Mengen ausgestoßen wird. Doch auch Methan ist für einen großen Teil der Erderwärmung verantwortlich. Die wichtigsten Fakten zu diesem Treibhausgas im Überblick:

Was ist Methan?

Methan ist ein geruchs- und farbloses Gas mit der chemischen Summenformel CH4 – ein Methanmolekül besteht aus einem Kohlenstoffatom (C), an das vier Wasserstoffatome (H) gebunden sind.

Wie entsteht Methan?

Methan entsteht hauptsächlich dann, wenn organisches Material unter der Abwesenheit von Sauerstoff umgewandelt wird. Das kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen – durch Verfaulen, Vermodern und Verdauen.

Wenn zum Beispiel Mikroorganismen im Sediment unter einem See, wo kein Sauerstoff verfügbar ist, abgestorbene Pflanzen zersetzen, entsteht ein Gasgemisch aus Methan und Kohlenstoffdioxid. Als die größten natürlichen Methanquellen gelten Sumpf- und Moorgebiete, aber auch vulkanische Aktivitäten und tauende Permafrostböden können die Freisetzung von Methan zur Folge haben.

Rund zwei Drittel aller Methanemissionen sind aber nicht natürlichen Ursprungs, sondern indirekt vom Menschen verursacht: Viehzucht, die Nutzung fossiler Energieträger, Mülldeponien, Reisanbau und die Verbrennung von Biomasse – das sind die weltweit größten Methanquellen, in absteigender Reihenfolge.

Was haben Rinder mit Methan zu tun?

In den Mägen von Wiederkäuern entsteht Methan, das durch Aufstoßen und Ausscheidungen in die Atmosphäre gelangt. Für die weltweite Fleischindustrie wichtige Wiederkäuer sind Schafe, vor allem aber Rinder. Eine Kuh allein rülpst und pupst am Tag bis zu 300 Liter Methan in die Außenwelt. Auch deshalb gilt die weltweit steigende Fleischproduktion als ein wichtiger Antreiber der globalen Erwärmung.

Und was ist mit dem Reis?

Den zweitgrößten Methanausstoß in der Landwirtschaft verursacht der Nassanbau von Reis. Wenn die Reisfelder unter Wasser gesetzt werden, entsteht ein nahezu sauerstofffreier Lebensraum für methanbildende Mikroorganismen. Der Methanausstoß beim Reisanbau lässt sich vermindern, wenn Landwirte die Böden zwischenzeitlich austrocknen lassen.

Reisanbau in Indien: Wenn Felder für den Reisanbau unter Wasser gesetzt werden, kurbeln Mikroorganismen die Methanproduktion an

Reisanbau in Indien: Wenn Felder für den Reisanbau unter Wasser gesetzt werden, kurbeln Mikroorganismen die Methanproduktion an

Foto: Frédéric Soltan / Corbis / Getty Images

Wie tragen fossile Energieträger zum Methanaustoß bei?

Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas. In Form von Erdgas kann es auf natürlichem Weg in die Atmosphäre gelangen, aber eben auch durch menschengemachte Prozesse – zum Beispiel durch Lecks an Pipelines und Gasanlagen. Die Förderung von Gas, die Verarbeitung, der Transport – all das sind potenziell kritische Schnittstellen, bei denen Methan unbeabsichtigt entweichen kann. Experten fordern deshalb strengere und verbindliche Kontrollen für Gasanlagen.

Auch bei der Förderung von Erdöl und Kohle kann Methan freigesetzt werden. So besteht zum Beispiel das sogenannte Grubengas, das beim modernen Abbau von Steinkohle freigesetzt wird, hauptsächlich aus Methan. Auch aus stillgelegten Schächten und Minen kann weiterhin Methan entweichen.

Wie hat sich die Methan-Menge weltweit entwickelt?

Die atmosphärische Methan-Konzentration wird in parts per billion (ppb) gemessen, also in Teilchen pro Milliarde – zur Erinnerung: Die CO₂-Konzentration wird in parts per million (ppm) angegeben. Seit 1750 ist die Methan-Konzentration im Jahresmittelwert von 730 ppb auf etwa 1.880 ppb im Jahr 2020 angestiegen. Das bedeutet: In einer Milliarde Teilchen in der untersten Schicht der Erdatmosphäre, der sogenannten Troposphäre, findet man rund 1900 Methan-Moleküle, der Anteil des Gases liegt bei 0,00019 Prozent.

Alle Artikel zum Uno-Klimagipfel

Anfang November trifft sich die Staatengemeinschaft im schottischen Glasgow zur 26. Uno-Klimakonferenz, der COP26. Auf dem zweiwöchigen Treffen geht es darum, die Ziele der Länder zu erhöhen und gemeinsame Regeln für den Kampf gegen die Klimakrise zu definieren. Lesen Sie hier alle Artikel zum Gipfel.

Wie kann so wenig Methan den Klimawandel beeinflussen?

Entscheidend für das Treibhausgaspotenzial von Methan ist die chemische Struktur seiner Moleküle. Die CH4-Moleküle hindern Wärmestrahlung sehr effektiv daran, ins All zu entweichen, und werfen sie teilweise zurück Richtung Erde. Der mittelfristige Treibhauseffekt, der von einer Tonne atmosphärischem CH4 ausgeht, ist daher um ein Vielfaches stärker als der Effekt, den eine Tonne CO verursacht: Über einen Zeitraum von hundert Jahren hat Methan eine 28-mal stärkere Klimawirkung als CO₂, über 20 Jahre ist die Wirkung 86-mal stärker.

Deshalb ist Methan – trotz geringerer Konzentration als CO₂ – für rund 25 Prozent der Erderwärmung seit Beginn der Industrialisierung verantwortlich.

Gelänge es, den Methanausstoß bis 2030 um 45 Prozent zu senken, ließe sich allein damit die globale Durchschnittstemperatur von 2040 an um 0,3 Grad Celsius mindern, heißt es im Methan-Bericht des UN-Umweltprogramms .

Wie wird Methan gemessen?

Satelliten sind mittlerweile in der Lage, die Zusammensetzung von atmosphärischen Gasen zu überwachen. So lassen sich Methanquellen bereits relativ gut aus dem All erkennen.

Bei einem Gaskraftwerk ist es zum Beispiel auch möglich, mithilfe von Infrarotkameras zu erkennen, wo Gas – etwa aus einer Leitung – ungewollt austritt.

Häufig wird der Methanaustritt aber gar nicht genau erfasst. Nicht alle Flächen der Welt werden von Satelliten überwacht und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzen punktuelle Messungen für Hochrechnungen. Weitere Kontrollen sind zudem teurer. Der Ausstoß des potenten Treibhausgases wird deshalb in vielen Ländern bisher noch nicht systematisch ermittelt. Oftmals beruhen die Mengen nur auf Schätzungen.

Was wird getan, um den Methanausstoß zu verringern?

Auf dem Uno-Klimagipfel in Glasgow haben sich in dieser Woche fast 100 Länder einer Initiative der USA und der Europäischen Union  zur Reduzierung von Methanemissionen angeschlossen.

Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte an, dass die Methan-Emissionen künftig systematisch erfasst werden sollen. Dabei können neben Satelliten auch Messgeräte an Bord von Flugzeugen, Drohnen oder Straßenfahrzeugen helfen, die den Austritt von Methan sichtbar machen. Und bald soll der Erdbeobachtungssatellit »MethaneSAT«  – ein Gemeinschaftsprojekt einer amerikanischen Umweltgruppe und der Weltraumorganisation von Neuseeland – die Erdoberfläche systematisch nach Methanemissionen absuchen.

Zu den Maßnahmen, für die nicht einmal der Einsatz neuer, innovativer Technologien nötig ist, gehört es beispielsweise, Lecks bei der Gewinnung von Gas und Erdöl direkt zu vermeiden – einfach, indem präziser gearbeitet wird.

Und was ist noch mal mit dem Permafrost?

In den dauerhaft gefrorenen Permafrostböden der nördlichen Hemisphäre sind viele tausend Gigatonnen an organischem Material gespeichert: Reste von Pflanzen und Tieren, die noch nicht von Mikroorganismen  zersetzt worden sind. Wenn aber die Temperaturen steigen und der hart gefrorene Boden aufweicht, beginnt der Zersetzungsprozess. Dabei kann auch das Treibhausgas Methan freigesetzt werden. Genauso können Gase aus unterirdischen Kammern entweichen, wenn der Boden taut und durchlässig wird – und die globale Erwärmung damit weiter beschleunigen. Wie groß dieses Problem wird, ist noch nicht klar. Doch Forscherinnen und Forscher haben etwa in Sibirien bereits wiederholt erhöhte Methan-Konzentrationen gemessen.

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