"Deepwater Horizon"-Katastrophe Öl schädigt Korallen in der Tiefe

Deutlicher Schaden: Eine gesunde Koralle im November 2010 - und zwei Monate später
Foto: Lophelia II/ BOEM/ NOAA/ OER/ WHOIHamburg - Am 20. April explodierte die Bohrplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko - und es dauerte 88 Tage, bis die Ölquelle in der Tiefe verschlossen werden konnte. Rund 780 Millionen Liter Öl strömten derweil aus, auf mehr als 1000 Kilometern Küste mussten Helfer gegen die Folgen der Katastrophe kämpfen. Unzählige Tiere starben - Fische, Pelikane, Schildkröten. Fischer durften ihrer Arbeit monatelang nicht nachgehen.
US-Präsident Barack Obama sprach von der "schlimmsten ökologischen Katastrophe", mit der es Amerika je zu tun gehabt habe. Jetzt werden, rund zwei Jahre nach dem Unfall, weitere Umweltfolgen bekannt: Expeditionen mit einem Tauchroboter belegten, dass die Korallen teils starke Stresssymptome zeigen.
Im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences" berichten die Forscher zudem, dass die Korallen zum Teil von einer flockigen Schicht aus ölhaltigem Material überzogen sind. Die Untersuchung von Proben der Flockenschicht ergab, dass das darin enthaltene Öl mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der "Deepwater Horizon"-Bohrung stammt.
Korallen verlieren Gewebe
Helen White vom Haverford College im US-Staat Pennsylvania und ihre Mitarbeiter hatten im Oktober und November 2010 - also sechs Monate nach dem Unglück und drei Monate nachdem das Bohrloch verschlossen wurde - an insgesamt elf Stellen Korallenkolonien mit einem ferngesteuerten Tauchroboter untersucht. Alle befanden sich in mehr als 20 Kilometer Entfernung von der Unglücksstelle in Tiefen zwischen 290 und 2600 Metern. Alle Kolonien erschienen gesund.
Bei einer weiteren Expedition Anfang November untersuchten die Forscher eine andere Region rund elf Kilometer von der ehemaligen Ölbohrplattform entfernt. In einer Tiefe von 1370 Metern stießen sie auf stellenweise stark geschädigte Korallen. Diese produzierten viel mehr Schleim als gewöhnlich, hatten Gewebe verloren, die Polypen waren zum Teil eingezogen.
68 Prozent der untersuchten Korallen-Kolonien waren geschädigt, so die Forscher. Bei 64 Prozent sei mindestens die Hälfte der Korallen einer Kolonie betroffen gewesen, bei 23 Prozent sogar mehr als 90 Prozent. Da die Tiefseekorallen sich sehr langsam entwickelten und Hunderte bis Tausende Jahre alt werden können, sei es für eine endgültige Abschätzung der Folgeschäden noch zu früh.
Nach einem Bericht der zuständigen US-Kommission seien alle beteiligten Unternehmen für das Desaster im Golf von Mexiko verantwortlich. Die Explosion der Bohrinsel sei "das Ergebnis verschiedener individueller Fehltritte und Versehen durch BP, Halliburton und Transocean", heißt es in dem Abschlussbericht. Das Urteil der Experten war verheerend: Ohne grundlegende Reformen könne sich ein solcher Vorfall jederzeit wiederholen.