Umweltstudie Rotwein oft mit Pestiziden belastet

Egal für wie viel Geld sie über die Theke gehen - Weine aus Deutschland, Italien und Frankreich enthalten häufig Pflanzenschutzmittel. Das hat eine Analyse von Umweltschützern ergeben. Immerhin: Die Pestizidgrenzwerte wurden in keinem Fall überschritten.

Brüssel - In vino veritas - im Wein liegt die Wahrheit. Diesen alten Spruch der Römer hat das Aktionsnetzwerk gegen Pestizide ( PAN ) wörtlich genommen und 40 verschiedene Rotweine zur Analyse ins Labor geschickt. Ergebnis: In 35 Flaschen wurden Pestizidrückstände entdeckt. Darunter seien fünf als krebserregend oder erbgutverändernd eingestufte Substanzen, heißt es in der am Mittwoch in Brüssel vorgestellten Studie.

In einem Spätburgunder aus Baden wurden sogar Rückstände von zehn verschiedenen Sorten Pflanzenschutzmittel entdeckt - ein regelrechter Pestizidcocktail. Die geltenden Höchstgrenzen wurden allerdings in keinem Fall überschritten. Während die Grünen im Europaparlament schärfere Gesetze forderten, warnten Unionspolitiker vor Panikmache.

Die Untersuchung ergab auch, dass konventionell erzeugte Weine deutlich stärker mit Pestiziden belastet sind als Öko-Weine. Während von sechs untersuchten Öko-Weinen fünf keine Rückstände hatten, waren nach Angaben der Tester in allen 34 untersuchten Weinen aus traditioneller Herstellung Pestizide nachweisbar.

Der Preis spielte dabei keine Rolle: Pflanzengifte fanden sich auch in zwei Flaschen französischen Spitzenweins, die jeweils mehr als 200 Euro kosten. In einem beanstandeten Öko-Wein aus der französischen Bourgogne führten die Tester die Rückstände auf die Verunreinigung angrenzender Felder zurück.

PAN , der Initiator der Weinanalyse, ist ein Netzwerk von weltweit mehr als 600 Organisationen vor allem aus dem Umweltbereich. Es wurde bei der Studie von Gruppen wie Greenpeace Deutschland unterstützt.

"Wahrscheinlich krebserregend"

Bestimmte Pestizide stehen im Verdacht, Krebs zu erzeugen und das Erbgut zu verändern. Dabei gibt es aber noch große Erkenntnislücken. So fanden die Tester in den zehn untersuchten deutschen Weinen aus Rheinhessen, Württemberg oder der Pfalz und auch in den österreichischen Weinen zwar Substanzen, die in den USA als "womöglich" oder "wahrscheinlich" krebserregend eingestuft werden. In der EU gibt es aber bisher keine entsprechende Klassifizierung. In Weinen aus Frankreich, Italien, Chile oder Südafrika waren dagegen Pestizide nachweisbar, die auch nach EU-Einschätzung Krebs erzeugen können.

Weil die Stoffe die erlaubten Grenzwerte nicht überschritten, ist die Tragweite der Studie im Europaparlament umstritten. Die Grünen-Abgeordnete Hiltrud Breyer sprach von "alarmierenden und schockierenden Ergebnissen". Sie forderte schärfere Regeln im laufenden Gesetzesverfahren zum Verbot besonders gefährlicher Pflanzengifte. Die CDU-Europaabgeordnete Christa Klaß warnte dagegen vor falschen Schlussfolgerungen: "Nach bestehendem Gesetz sind die Weine völlig unbedenklich", sagte sie. Sollte es doch Gesundheitsrisiken geben, müsse die EU allerdings über schärfere Zulassungsverfahren nachdenken.

Auch das Pestizidaktionsnetzwerk wollte nicht so weit gehen, Weinliebhabern zum Verzicht zu raten: "Wir können niemandem sagen: Trink keinen Wein mehr", sagte PAN-Mitarbeiter Elliott Cannell. Allerdings seien alle Weinbauern aufgefordert, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich zu drosseln. Nach PAN-Angaben werden auf Europas Weinstöcken 20 Prozent aller eingesetzten Pestizide versprüht - dabei stehen sie auf gerade einmal drei Prozent der landwirtschaftlichen Anbaufläche.

hda/AFP

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