Weltklimagipfel in Bonn Wie die USA die Chinesen austricksen wollen

Die USA steigen aus dem Klimavertrag aus, jetzt greift China nach der Hauptrolle - und droht, in eine Falle zu tappen. Was sonst auf der Uno-Klimatagung geschieht: die wichtigsten Themen im Überblick.
Foto: MICK TSIKAS/ REUTERS

Was passiert in Bonn?

Zwei Wochen lang treffen sich 25.000 Vertreter aus allen Staaten der Welt zur Weltklimakonferenz. Es handele sich um die größte zwischenstaatliche Tagung, die es je in Deutschland gegeben habe, meldet die Bundesregierung. Hinzu kommen Abertausende Aktivisten von etwa 500 Nichtregierungsorganisationen und mehr als tausend Journalisten.

Die Präsidentschaft der Konferenz hat Fidschi inne - weil der Inselstaat aber nicht die erforderlichen Kapazitäten bieten konnte, übernahm die Deutschland die Leitung als Gastgeber.

Was ist das Ziel der Klimakonferenz?

Ziel ist es, Regeln für den Weltklimavertrag von Paris zu präzisieren; um neue Einsparungsziele für Treibhausgase geht es nur am Rand. Das Pariser Abkommen legt fest, dass sich die Staaten zur Eindämmung ihrer Abgase verpflichten - auf welche Weise die Ambitionen aber überprüft und verbessert werden sollen, muss noch geklärt werden.

Außerdem geht es ums Geld: Wie können Industrieländer, die den Großteil der Treibhausgasemissionen zu verantworten haben, ärmeren Staaten bei der Umstellung auf erneuerbare Energien und dem Schutz gegen Wetterkatastrophen helfen?

Warum sind alle so optimistisch - trotz Trumps Klima-Ausstieg?

Der Präsident der USA, Donald Trump, hat den Ausstieg der USA aus dem Weltklimavertrag zum nächst möglichen Termin angekündigt - Ende 2020 wären die USA draußen. Dennoch herrscht gute Stimmung bei den Klima-Delegierten, denn der Weltklimavertrag wurde so schnell von so vielen Staaten rechtsgültig unterschrieben wie nie zuvor ein Uno-Abkommen.

Außerdem hat sich der globale Ausstoß von Treibhausgasen seit drei Jahren nicht erhöht - auch das stärkt den Optimismus.

Zudem nehmen neben den Staatenvertretern diesmal auch Delegierte von Metropolen, Bundesstaaten und Regionen an der Klimatagung teil. Jene aus den USA wollen Pläne zur Eindämmung des CO2-Ausstoßes präsentieren, die Trumps treibhausgasintensive Kohlekraft-Förderung ausgleichen sollen.

Warum zerfällt die Welt in zwei Lager?

Die Klimaverhandlungen fußten von Anfang an auf der Trennung der Welt in Industrieländer, die den Klimawandel wesentlich verantworten, und Entwicklungsländer. Seit China, Indien und andere Staaten aber ebenfalls riesige Mengen Treibhausgase produzieren, gibt es Streit: Inwieweit müssen auch die Schwellenländer in die Pflicht genommen werden?

China und Indien beharren auf der alten Zweiteilung - und geraten damit zunehmend in die Defensive. In Bonn wird sich zeigen, ob Bewegung in den großen Klimakonflikt kommt.

Blockieren die USA die Verhandlungen?

Bei den Klimaverhandlungen der G7 und G20 verhielten sich die Delegierten der USA chaotisch - Verhandler wurden getauscht, oder sie agierten ohne Mandat. Vor der Bonner Tagung geheimniskrämert das Weiße Haus, wer für die USA diesmal verhandeln wird.

Zwei Szenarien scheinen möglich:

  • Die USA bleiben zurückhaltend, verlassen bei strittigen Abstimmungen den Raum.
  • Die USA behindern Fortschritte, blockieren die Verhandlungen.

Vor allem China könnte Ziel von Attacken der USA sein. Während Präsident Trump bei seinem Besuch in China diese Woche Staatschef Xi Jinping trifft, könnte seine Mannschaft in Bonn strengere Verpflichtungen von China und anderen großen Staaten im Rahmen des Pariser Vertrags fordern.

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China wäre damit in der Falle, denn auch arme Länder - eigentlich Chinas Verbündete - fordern mittlerweile heimlich größere Unterstützung von dem neuen Wirtschaftsriesen. Würde China ablehnen, könnten nicht nur die USA beim Klimaschutz auf Dauer vergrault werden.

Andere sehen eine Chance: Sollten sich neben China auch Indien und Russland zu strikteren Emissionszielen und höhere Klimaschutzhilfen verpflichten, könnten die USA womöglich ihren Rückzug aus dem Klimavertrag überdenken.

Ist China die neue Weltmacht?

Einen "Plan zur Brückenbildung" hat China für die Klimaverhandlungen angekündigt - und damit seine neue Führungsrolle reklamiert. Doch anders als die USA unter ihrem früheren Präsidenten Barack Obama, die den Klimavertrag wesentlich voranbrachten, sehen Delegierte wenig Opferbereitschaft bei China: Es beharre in Sachen Klima auf seinem Status als Entwicklungsland und wolle keine Verpflichtungen eingehen. Ohne größeres eigenes Engagement dürfte China allerdings kaum die Führungsrolle bei den Klimaverhandlungen überlassen werden.

Warum müssen die Verhandler jetzt auf die Couch?

Fidschi, das die Klimaverhandlungen leitet, will mit einer heimischen Tradition Konflikte lösen: mit Talanoa. In kleinen, gemütlichen Gruppen sollen - wie in Fidschi üblich - die Staatenvertreter Streit besprechen; erst später im großen Plenum. Welche Ziele zur Abgasverringerung bietet welcher Staat? Verhandlungen um diese zentrale Frage heißen ab jetzt Talanoa-Dialoge.

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Wie teuer wird es?

Ab 2020 wollen die Industrieländer arme Staaten mit jährlich 100 Milliarden Dollar bei der Umstellung der Energieversorgung und dem Schutz gegen Wettergefahren unterstützen; die Hälfte des Geldes soll von Firmen kommen.

Deutschland will dann pro Jahr vier Milliarden aus Steuergeldern beisteuern (3,4 Milliarden sind es bereits jetzt) und mehr noch aus Geldern öffentlicher Banken. Bereits jetzt ist Deutschland mit insgesamt 8,5 Milliarden Euro dabei.

Die Investitionen sollen keine Einbahnstraße sein, sie ebnen oft den Weg für deutsche Firmen und deutsche Interessenpolitik. In Bonn will die Bundesregierung Erfolge im Katastrophenschutz in Afrika vorstellen.

Was ist der ewige Streit?

Der Hauptkonflikt jeder Klimakonferenz ist die Frage, auf welche Weise Geld für den Klimaschutz transferiert wird. Die armen Staaten wollen quasi Blankoschecks für Schäden, die durch Wetterkatastrophen oder den anschwellenden Meeresspiegel entstehen - als Wiedergutmachung für den Klimawandel, der wesentlich von den Industrieländern zu verantworten ist.

Die reichen Staaten lehnen strikt ab, sie bevorzugen Fonds: Arme Länder müssen Anträge für konkrete Projekte stellen, die geprüft werden - erste Hilfen sind bereits geflossen. In Bonn sollen die Finanzierungssysteme verbessert und neue Gelder aufgetrieben werden.

Hat sich die Türkei verzockt?

Die Türkei sorgt in Bonn für eine Posse. Lange war es dem Land wichtig, als Industrieland eingeordnet zu werden. Mittlerweile hat die türkische Regierung allerdings festgestellt, dass ihr damit der Zugang zu Fördertöpfen entgeht. Nun mühen sich ihre Delegierten um die Anerkennung als Entwicklungsland.

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