Uno-Bericht Mittelmeerraum leidet dramatisch unter Klimawandel und Massentourismus

Menschen am Strand von Barcelona: Habitatverlust, zunehmender Wasserverbrauch und Müll
Foto: Paco Freire / dpaAlarm im Urlaubsparadies Mittelmeer: Die Region leidet einem Uno-Bericht zufolge dramatisch unter den Folgen des Klimawandels, Verschmutzung und Massentourismus. Der Tourismus an der Küste führe zu "erheblichen Umweltschäden", heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht des Uno-Umweltprogramms (Unep) . Zudem sei das Mittelmeer stärker vom Klimawandel betroffen als der globale Durchschnitt.
Zum ersten Mal seit zehn Jahren haben Experten im Rahmen des Uno-Umweltprogramms und der Initiative Plan Bleu die Lage der Umwelt und Entwicklung im Mittelmeer und den Anrainerländern bewertet; 150 Experten arbeiteten laut Unep an dem Bericht mit.
Demnach erwärmt sich die Mittelmeerregion 20 Prozent schneller als der globale Durchschnitt. Hitzewellen kommen immer öfter und stärker vor, erklärte der Klimaexperte Wolfgang Cramer vom Institut IMBE in Aix-en-Provence, der an dem Bericht mitgewirkt hat. Die Temperaturzunahme habe im Ozean bereits zu "Massensterben von Organismen" geführt. Durch den steigenden CO2-Gehalt in der Luft versauere das Wasser zudem immer mehr - mit verheerenden Auswirkungen für viele Meereslebewesen.
"In ein paar Hundert Jahren kein Venedig mehr"
Vor allem der Anstieg des Meeresspiegels könnte sich für die Region als dramatisch erweisen: Weil es am Mittelmeer kaum Gezeiten gebe, sei schon immer sehr nah am Wasser gebaut worden. "Wenn wir heute den Meeresspiegelanstieg nicht bremsen, dann haben wir in 300 bis 400 Jahren garantiert kein Venedig mehr".
Die Probleme würden durch den steten Zustrom von Touristen ans Mittelmeer verstärkt. Ihre Zahl hat sich in den Anrainerländern dem Bericht zufolge in den vergangenen 20 Jahren verdoppelt - sie machen rund 30 Prozent aller Touristen weltweit aus. Das Mittelmeer ist außerdem die zweitbeliebteste Region für Kreuzfahrten, nach der Karibik. Auch die weltweit am meisten genutzten Schifffahrtswege durchkreuzten das Meer. "Der Tourismus in dieser Form ist nicht nachhaltig", so Cramer.
Probleme mit Müll und Hotelburgen
Laut Uno-Bericht ist das Mittelmeer eine der am stärksten durch Müll betroffenen Regionen der Welt. Rund 730 Tonnen Plastikmüll landen demnach täglich in dem Gewässer. Auch Überfischung ist ein großes Problem: Inzwischen werden den Angaben zufolge knapp vier Fünftel der Fische im Mittelmeer und Schwarzen Meer in unhaltbaren Quantitäten gefischt.
Uno-Experten zufolge bedrohen diese negativen Faktoren die Biodiversität ganz erheblich: Im Mittelmeer lebten mehr als 17.000 Arten, die bis zu 18 Prozent der weltweit bekannten Marinelebewesen ausmachen, so der Bericht. Ein Drittel der gefährdeten Meereslebensräume Europas befinde sich im Mittelmeer.
Besserung ist nicht in Sicht, die Küste des Mittelmeers wird immer mehr zugebaut, wie der Bericht warnt. Zwischen 1975 und 2015 hätten drei Viertel der Anrainerländer die verbauten Flächen, die innerhalb eines Kilometers von der Küste entfernt liegen, verdoppelt oder mehr als verdoppelt. Somit bleibe immer weniger Platz für Küsten-Ökosysteme.
"Wir wissen, dass Massentourismus sehr schädlich ist für die Biodiversität, aber es ist eine extrem wichtige wirtschaftliche Aktivität im Mittelmeer", sagte François Guerquin, der Direktor von Plan Bleu. Den Tourismus nachhaltig zu gestalten, sei nicht einfach.
Gleichzeitig gilt: Sollte nicht entschieden gehandelt werden, "wird die Umweltzerstörung ernste und bleibende Konsequenzen für Leben und Lebensgrundlagen in der Region haben", sagte Gaetano Leone, der Leiter des Mediterranean Action Plan der Uno.