Uno-Verhandlungen Weltklimavertrag wird erneut verschoben

Erneuter Rückschlag im Kampf gegen den Klimawandel: Ein Nachfolgeabkommen für den Kyoto-Vertrag wird vorerst nicht zustande kommen, heißt es auf einer Uno-Tagung in Bonn. Dabei haben Wetterkatastrophen im vergangenen Jahr immensen Schaden angerichtet.
Kraftwerk bei Liverpool: Treibhausgasausstoß kaum begrenzt

Kraftwerk bei Liverpool: Treibhausgasausstoß kaum begrenzt

Foto: PHIL NOBLE/ REUTERS

Bonn - Auch auf dem nächsten Weltklimagipfel Ende des Jahres im südafrikanischen Durban wird es voraussichtlich keinen neuen internationalen Vertrag geben. Die Vereinten Nationen rechnen nicht mehr damit, dass das Nachfolgeabkommen für das Klimaschutzprotokoll von Kyoto rechtzeitig fertig wird. Die bis Ende Dezember 2012 laufende Frist werde verfehlt, sagte Christiana Figueres, Chefin des Uno-Klimasekretariats, auf einer Tagung der Vereinten Nationen in Bonn.

Das Kyoto-Protokoll regelt den Ausstoß von Treibhausgasen für 40 Industriestaaten zwischen 2008 und 2012. Selbst wenn es gelänge, bis Ende dieses Jahres einen Nachfolgevertrag zustande zu bringen, sei es nicht mehr möglich, die Ratifizierungsverfahren in den einzelnen Ländern rechtzeitig abzuschließen. Ein realistischeres Ziel für einen Weltklimavertrag sei jetzt 2014 oder 2015, sagte der EU-Vertreter bei den Uno-Verhandlungen, Artur Runge-Metzger.

Die Bonner Konferenz soll den Weltklimagipfel im Dezember im südafrikanischen Durban vorbereiten. Die knapp zweiwöchigen Verhandlungen mit Delegationen aus mehr als 180 Ländern stehen unter dem Eindruck eines alarmierenden Anstiegs des weltweiten CO2-Ausstoßes.

Nach Angaben der Internationalen Energieagentur sind die CO2-Emissionen aus Energieerzeugung 2010 so stark gestiegen wie noch nie und liegen auf einem neuen Höchstwert. Die Daten zeigten, "dass die Emissionen schneller steigen als befürchtet", sagte Greenpeace-Klimaexpertin Tove Ryding. Uno-Klimachefin Figueres sprach von einer "schlechten Nachricht". Sie mache aber auch deutlich, dass mehr auf erneuerbare Energien gesetzt werden müsse. Ermutigend sei auch der jüngste Bericht des Weltklimarates (IPCC), dass erneuerbare Energien rund 80 Prozent der fossilen Energieträger ersetzen und eine große Rolle bei der Treibhausgasreduzierung spielen könnten.

Drei große Länder scheren aus

Figueres erwartet auch im Dezember in Durban keinen neuen internationalen Vertrag. Es müsse aber Fortschritte und Klarheit zumindest bei den Bausteinen und Strukturen für den künftigen Klimaschutz geben. Selbst wenn bei hohem politischen Willen in Durban noch ein "Kyoto II" beschlossen werden sollte, würde die Zeit nicht reichen, um bis Anfang 2013 eine völkerrechtliche Bindung zu erreichen und damit eine Rechtslücke zu vermeiden.

Eine Fortführung des Kyoto-Protokolls als bisher einzig verbindlichem Regelwerk zum Klimaschutz ist umstritten. Mit Japan, Russland und Kanada lehnen drei wichtige Länder eine Weiterführung ab. Sie wollen keine Verpflichtungen in einem solchen festen Rahmen eingehen, wenn nicht auch die USA mitziehen und auch Schwellenländer wie China einbezogen werden. China ist inzwischen das Land mit dem weltweit größten CO2-Ausstoß, gefolgt von den USA.

US-Verhandlungsführer Jonathan Pershing sagte, die USA seien grundsätzlich für ein rechtlich verbindliches Abkommen, allerdings müssten dafür "alle wichtigen Wirtschaftsnationen" dabei sein. Hier liegt ein Hauptkonflikt: Bisher will sich vor allem China nicht auf Verpflichtungen zur CO2-Begrenzung einlassen, da es wirtschaftliche Nachteile befürchtet. Auch andere große Schwellenländer wie Brasilien und Indien haben ihre Emissionen zuletzt stark gesteigert, wollen aber ebenfalls keine neue Kyoto-Periode.

"Ein rechtlich verbindliches Abkommen kann in Durban nicht erreicht werden", sagte WWF-Klimaexpertin Tasneem Esso. Aber zumindest ein Mandat dafür müsse dort vereinbart werden. "Der derzeitige politische Rahmen ist nicht günstig für ein Abkommen. Wir können nicht optimistisch sein."

42 Millionen Flüchtlinge nach Extremwetter-Ereignissen

Extreme Wettereignisse im vergangenen Jahr könnten hinsichtlich des Klimawandels eine Warnung sein. Naturkatastrophen haben im Jahr 2010 weltweit mehr als 42 Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben. Das geht aus einem am Montag vorgestellten Bericht des Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) in Genf hervor. Als eine der Hauptursachen nennen die Experten des Zentrums Überschwemmungen und Stürme - Ereignisse also, die nach Ansicht vieler Forscher im Gefolge der Klimaerwärmung zunehmen könnten.

Die Zahl der gemeldeten Naturkatastrophen habe sich innerhalb der vergangenen zwei Jahrzehnte von jährlich etwa 200 auf 400 verdoppelt, heißt es in dem aktuellen IDMC-Bericht. Die Zahl der von Katastrophen Vertriebenen sei allein von 2009 auf 2010 um das Zweieinhalbfache gestiegen. Insgesamt seien mehr als 90 Prozent der Katastrophen im vergangenen Jahr auf extreme Wetterereignisse zurückzuführen gewesen.

boj/dpa/Reuters/dapd
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