Keine lebenden Fossilien Urzeitkrebse sind viel jünger als gedacht

Der Name ist doch nicht Programm: Urzeitkrebse sehen zwar genauso aus wie Tierchen, die schon vor vielen Millionen Jahren lebten. Doch die Evolution stand auch bei den Krebstieren nicht still. Und: Heute lebende Arten sind jünger und vielfältiger als lange angenommen.
Urzeitkrebs Triops cancriformis: Frappierende Ähnlichkeit mit ausgestorbenen Verwandten

Urzeitkrebs Triops cancriformis: Frappierende Ähnlichkeit mit ausgestorbenen Verwandten

Foto: Africa Gomez

Schon vor dem Zeitalter der Dinosaurier tummelten sich kleine Tierchen in Gewässern, die den heute noch verbreiteten Urzeitkrebsen zum Verwechseln ähnlich sehen. Die als "Yps"-Gimmick bekannten Wasserbewohner gelten deshalb als lebende Fossilien. Als sehr alte Art also, bei der die Evolution anscheinend angehalten hat.

Ein Forscherteam um Thomas Mathers von der University of Hull in Großbritannien, stellt dies jetzt aber in Frage. Wirklich urzeitlich am Urzeitkrebs ist wohl nur sein Aussehen. Dasselbe gilt auch für seine nähere Verwandtschaft, die Gattung der sogenannten Rückenschaler (Notostraca), schreibt das Team im Fachmagazin "PeerJ" . Die Wissenschaftler stützen sich auf DNA-Analysen und Fossilfunde verwandter Gattungen.

Für den Urzeitkrebs Triops cancriformis fällt ihre Bilanz ernüchternd aus. Bisher werden rund 250 Millionen Jahre alte Fossilien der Art zugeschrieben. Damit gilt sie als eine der ältesten der heute existierenden Spezies. Doch laut dem Modell von Mathers und Kollegen entwickelte sich T. cancriformis erst vor weniger als 25 Millionen Jahren.

Die Forscher haben laut dem Bericht DNA von 38 Rückenschaler-Arten untersucht, wobei einige dieser Spezies wissenschaftlich noch gar nicht beschrieben sind. Da sich die Tierchen äußerlich so stark ähneln, verrät manchmal erst die DNA-Analyse eine weitere Spezies. Frühere Biologen konnten die Artenvielfalt der Urzeitkrebs-Verwandtschaft daher nur unterschätzen.

Laut dem Modell der Forscher gab es mehrere Wellen, in denen sich die Krebstierchen weltweit ausbreiteten und neue Arten entstanden. Die letzte dieser Wellen ereignete sich demnach vor rund 73 Millionen Jahren.

Ein bisschen wie beim Mini

Weil die Evolution auch für die Rückenschaler keineswegs angehalten hat, finden die Forscher es irreführend, diese als lebende Fossilien zu bezeichnen.

Lediglich die Anatomie der Tierchen veränderte sich über Millionen von Jahren kaum. "Lebende Fossilien entwickeln sich wie alle anderen Organismen auch. Sie haben nur einen sehr guten Bauplan", sagt die an der Studie beteiligte Forscherin Africa Gómez. Man könne das im Prinzip mit Autos vergleichen: "Der Mini hat ein altes Design, aber neue Mini-Modelle haben elektrische Fensterheber, GPS, Airbags." Insofern bleibe auch da die Evolution nicht stehen - nur die meisten Neuerungen seien eben nicht gleich von außen erkennbar.

wbr

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