Vegetation Satellitenbilder zeigen Pflanzen-Fitness
Aus der Entfernung ist oft mehr über die Erde zu erfahren als aus der Bodenperspektive. Etwa, wenn es darum geht, den globalen Zustand der Vegetation einzuschätzen. Doch da ist grün nicht immer gleich gut. "Wir erfahren bloß, dass dort Blätter wachsen. Was wir nicht erfahren, ist, wie es um das Laubwerk bestellt ist", sagt der Geograf Jadunandan Dash. Er hat ein System entwickelt, um Satellitenfotos Informationen über den Zustand von Wäldern, Wiesen und Feldern zu entlocken.

Vegetation: Wo ist das vitalste Grün?
Das Rohmaterial dafür liefert der europäische Erdbeobachtungssatellit Envisat. Sein Spektrometer namens "Meris" (Medium Resolution Imaging Spectrometer) kann ein Foto in seine spektralen Bestandteile unterteilt darstellen. Dash und sein Kollege Paul Curran interessieren sich insbesondere für die roten und nah-infraroten Bereiche. Aus ihnen lassen sich Rückschlüsse auf den Chlorophyllgehalt im Pflanzenbewuchs ziehen. Das Molekül färbt nicht bloß die Blätter, sondern befähigt sie auch zur Photosynthese, der Umwandlung von Sonnenenergie in Fruchtzucker.
Je mehr davon, desto vitaler eine Pflanze. Ausgehend von diesem Zusammenhang stellt die Software von Dash und Curran zuerst fest, wie weit die grünen Bereiche über den Planeten verteilt sind. Im zweiten Schritt wird der Grad der Chlorophyllkonzentration entsprechend einer Farbskala im Satellitenbild dargestellt.
Diese Methode liefert den Geografen von der University of Southampton neue Erkenntnisse: So sind selbst die immergrünen Regenwälder um den Äquator übers Jahr unterschiedlich vital. Andererseits leuchten im August im Osten Chinas und im mittleren Westen der USA riesige Flächen rot und lila - höchste Chlorophyllkonzentration. "Intensive Landwirtschaft", sagt Dash. Nirgendwo fällt der Unterschied deutlicher ins Auge als auf der geteilten Halbinsel Nordkorea: Im technisch hochentwickelten Süden mit seinen intensiv bewirtschafteten Reisfeldern leuchtet der Vitalitätsindikator im Spätsommer rot und lila, während den rückständigen Norden nur fahles Gelbgrün schmückt.
Bis zu 1000 Satellitenbilder werden für eine Gesamtansicht der Erde zusammengesetzt. Diese dienen dann im Wochenrhythmus als Grundlage für die MTCI (Meris Terrestrial Chlorophyll Index) genannte Messgröße. Deren zeitliche Veränderungen bauen die Wissenschaftler aus Südengland gerade zu einem Ganzjahresmodell zusammen. Aufnahmen von 2002 bis 2005 liegen auf ihren Festplatten. Ende 2006 soll die MTCI-Jahresanimation fertig sein, sagte Dash zu SPIEGEL ONLINE. Biologen, Ökologen und Landwirte sollen dann ein besseres Bild vom Zustand der Vegetation aller Erdgegenden bekommen.
stx