Versteinertes Insekt 47 Millionen Jahre Tarnen und Täuschen
Der hessische Ort Messel - auf halbem Weg zwischen Offenbach und Darmstadt - steht Pate für den Namen seines ältesten und wohl auch exotistischen Bewohners: Vor 47 Millionen Jahren kroch hier ein absonderliches Insekt die Bäume des Eozäns hinauf, das man auch bei genauem Hinsehen nicht als Insekt erkennen würde.
Auch die Jäger der damaligen Zeit - Vögel, frühe Primaten und Fledermäuse - haben Eophyllium messelensis wohl übersehen. Und das ist das Besondere an dem versteinerten Tierchen.
"Wir berichten hier vom ersten Fossil eines Blattinsekts", schreiben Forscher um die Paläontologin Sonja Wedmann von der Universität Bonn in der Wissenschaftszeitschrift "Proceedings to the National Academy of Sciences". Von außen betrachtet sah Eophyllium wie ein Blatt aus. Es besaß sogar eine Mulde, in die es seinen Kopf einziehen konnte - um die Täuschung zu perfektionieren.
Das etwa sechs Zentimeter lange Insekt erinnere von seiner Körperform her frappierend an ähnliche Tiere, die heute nur aus Südostasien bekannt sind. Es erweiterte also auch die geografische Reichweite der sogenannten Phylliinae, der Blattartigen.
Aus dem Vergleich mit den heute noch lebenden Verwandten des Messeler Fossils ziehen die Paläontologen auch Rückschlüsse über das Verhalten des Urhessen: Wahrscheinlich sei das Tier in der Lage gewesen, bei Tag stundenlang völlig still zu verharren. Sei es nachts aktiv geworden, habe sein Körper möglicherweise gezittert wie ein Blatt im Wind.
Die Tarnstrategie, auch Mimikry genannt, habe sich in mindestens 47 Millionen Jahren in Verhalten und Körperbau nur minimal geändert, schreiben Wedmann und ihre Kollegen: "Ein herausragendes Beispiel des Stillstands" - und damit einer evolutionär äußert bewährten Strategie.
stx