Kreis Gjirokastra, Albanien
Sie ist von einzigartiger Schönheit: Die Vjosa ist der letzte große Wildfluss Europas. Sie entspringt in Griechenland – und fließt auf einer Strecke von knapp 300 Kilometern durch eine albanische Terra incognita bis in die Adria.
Doch seit Jahren ist sie auch Schauplatz eines Kampfes. Dabei geht es um den Erhalt des bislang unberührten Flusses.
Besjana Guri, NGO EcoAlbania
»Wir kämpfen seit mehr als sechs Jahren für den Schutz der Vjosa. Wir haben auch schon einiges erreicht. Aber der Kampf geht weiter. Solange die Pläne nicht gestoppt werden, hier Wasserkraftwerke zu errichten und der Fluss nicht zu einem Nationalpark ernannt wird, um ihn zu schützen – so lange ist die Vjosa nicht sicher.«
Tirana, Albanien April 2021
Während seines Wahlkampfes für eine dritte Amtszeit hatte Albaniens Premierminister Edi Rama seine Absicht bekundet, einen Vjosa-Nationalpark einzurichten. Allerdings folgten darauf keine konkreten Schritte der Regierung.
Die Vjosa wurde zwar als »Naturpark« ausgewiesen. Doch diese Kategorie sieht nur minimalen Schutz vor: Geplante Wasserkraftwerke und Staudämme würden nicht ausgeschlossen sein. Auch Projekte wie Ölbohrungen an den Flussufern würden durch einen Naturpark nicht abgewendet.
Der Ölkonzern Shell hat bereits seine Suche nach Öl und Gas in der Region begonnen – zur großen Sorge der Einwohner.
Gezim Dani, Dorfbewohner
»Dieses Land hat viele Generationen ernährt. Unsere Vorfahren lebten über Jahrhunderte hier. Und wir werden das Land nicht aufgeben – auch wenn uns mit Gewalt gedroht wird.«
Die Kampagne »Vjosa National Park Now« für den Erhalt des Flusses hat inzwischen prominente Unterstützer: Der Hollywood-Schauspieler Leonardo Di Caprio postete auf seinem Instagram-Account zum UN-Weltwassertag ein Kampagnen-Video – das Hunderttausende Likes bekam. Naturschützer wie er sorgen für Aufmerksamkeit. Der EU-Außenausschuss drängte Albanien daraufhin, die Staudammpläne entlang der Vjosa aufzugeben und möglichst schnell einen Vjosa-Nationalpark zu errichten.
Doch Kriterien für Nationalparks sind genau definiert – und kosten viel Geld. Für die Umsetzung dürfte ein mehrstelliger Millionenbetrag nötig sein. Dafür bräuchte der kleine Balkanstaat internationale Unterstützung.
Derweil liegen die Pläne für mindestens acht Staudämme an der Vjosa vor, in ganz Albanien plant die Regierung hunderte Wasserkraft-Projekte. Diese gefährden vor allem die Ökosysteme für Süßwasserfische.
Migjen Celaj, Fischer
»Wenn hier ein Wasserkraftwerk gebaut wird, wird alles zerstört. Wir kommen ja nur am Wochenende aus der Stadt zum Fischen her. Aber was werden die armen Dorfbewohner tun?«
Noch bietet die Vjosa das Zuhause für mehr als 1.100 Arten. Am Sonntag wird hier eine Gruppe internationaler Wissenschaftler erwartet – um eine neue Bestandsaufnahme der Flora und Fauna zu machen.