Vogelgrippe-Welle Forscher melden bislang stärkste Geflügelpestepidemie in Europa

Warnung vor der Vogelgrippe im Landkreis Cloppenburg
Foto: Hauke-Christian Dittrich / picture alliance/dpaIm Schatten der Coronapandemie spielt sich die Ausbreitung einer anderen Infektionskrankheit fast unbemerkt ab: Im Tierreich grassiert die Vogelgrippe. »Wir erleben in Deutschland und Europa derzeit die stärkste Geflügelpest-Epidemie überhaupt«, warnt nun das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) , das Forschungsinstitut des Bundes für Tiergesundheit.
Täglich kämen neue Fälle hinzu, und das nicht nur bei Wildvögeln. »Ein Ende ist nicht in Sicht, die betroffenen Länder reichen von Finnland über die Faröer Inseln bis Irland, von Russland bis Portugal.« Auch aus Kanada, Indien und Ostasien kämen Meldungen – zuletzt auch aus Israel, wo Hunderttausende Legehennen getötet werden mussten.
Für die kommenden Winterwochen seien das keine guten Aussichten, hieß es weiter. Es dominiere der Vogelgrippe-Subtyp H5N1, auch H5N8 komme in geringem Ausmaß vor. H5N1 gilt auch für Menschen als potenziell gefährlich, eine Infektion kann in seltenen Einzelfällen tödlich enden. Für H5N8 wurden bisher nur wenige Übertragungen auf den Menschen erfasst. Im Februar dieses Jahres infizierten sich erstmals Menschen in Russland. Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind für beide Subtypen bisher nicht nachgewiesen.
Allein in Deutschland wurden seit Anfang Oktober bis zum 29. Dezember 394 Infektionen bei Wildvögeln wie Wildenten, Wildgänsen, Schwänen und Möwen erfasst, hauptsächlich entlang der Küste und insbesondere in Schleswig-Holstein. Zudem wurden vom FLI 46 Ausbrüche in Geflügelhaltungen registriert, allein 18 davon in Niedersachsen. Weitere Fälle betrafen Nordrhein-Westfalen (9), Mecklenburg-Vorpommern (8), Schleswig-Holstein (4), Berlin/Brandenburg, Bayern und Thüringen (jeweils 2) sowie Sachsen-Anhalt (1).
Europaweit wurden den FLI-Daten zufolge in diesem Zeitraum 675 Infektionen bei Wildvögeln und 534 Ausbrüche in Haltungen erfasst. Hinzu kämen Einzelfälle bei Säugetieren: So seien in diesem Jahr bereits nachweislich Rotfüchse in den Niederlanden und Finnland, Kegelrobben in Schweden, Seehunde unter anderem in Deutschland und Fischotter in Finnland an Vogelgrippe erkrankt.

Karte mit Vogelgrippefällen in Deutschland
Foto: Friedrich-Loeffler-InstitutDie Geflügelpest betrifft auch andere Regionen derzeit stark. So meldete das israelische Landwirtschaftsministerium ein Massensterben in Legebatterien. Hunderttausende Tiere wurden getötet, um weitere Ansteckungen zu verhindern. »Das Landwirtschaftsministerium hat die Sorge, dass Menschen sich durch infizierte Legebatterien in der Nähe von Wohnhäusern anstecken könnten«, hieß es zudem. Es werde nun mit einem Mangel an Eiern auf dem israelischen Markt gerechnet – monatlich fehlten durch die Vogelgrippe etwa 14 Millionen Eier.
Sorge bereitet auch, dass von der Krankheit in Israel etwa 20 Prozent der Kraniche betroffen sein sollen. Die Zugvögel kommen aus Südeuropa in das Land, um dort auf dem Weg nach Afrika Station zu machen. Die Tiere könnten die Erreger leicht in andere Regionen übertragen.
Die Vogelgrippe ist eine durch Viren ausgelöste Infektionskrankheit vor allem bei Wasservögeln, die von Zugvögeln oft über weite Strecken verbreitet wird. Sie trat erstmals in Südostasien auf und verbreitete sich 2004 in viele Teile der Welt. Nicht nur Wild- und Zuchtgeflügel steckte sich an, immer wieder auch Menschen. Die meisten hatten zuvor engen Kontakt mit den Tieren. Nach bisherigen Erfahrungen scheint es nur bei engem Kontakt mit erkrankten oder verendeten Vögeln sowie deren Produkten oder Ausscheidungen zur Übertragung der Viren vom Tier auf den Menschen zu kommen, schreibt das Robert Koch-Institut.
Laut der Behörde erkrankten bislang rund 850 Menschen an H5N1, rund 450 davon starben. Die Krankheit zeigt typische Symptome wie bei einer Influenza: hohes Fieber, Husten, Atemnot oder Halsschmerzen. Fachleute hatten bei H5N1 schon vor Jahren eine Pandemie befürchtet. Sie blieb allerdings aus – das Virus veränderte sich bisher nicht so, dass es von Mensch zu Mensch übertragen werden konnte.
Seuchenampel für Geflügelhalter
Schon in der Saison von Herbst 2020 bis Frühling 2021 hatte es einen gravierenden Seuchenzug in Deutschland und Europa gegeben – der nun wohl noch übertroffen wird. Die wichtigste vorbeugende Maßnahme zum Schutz von Geflügel sei die Kontrolle und Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen, hieß es vom FLI. Geflügelhalter könnten diese anhand der Tierseuchenampel überprüfen . »Andere Maßnahmen stehen derzeit nicht zur Verfügung.«