Vorstoß Norwegen soll als erstes Land CO2-neutral werden

Bis zur Jahrhundertmitte will der norwegische Regierungschef sein Land zum globalen Klimaprimus machen: Die Emissionen sollen bis 2050 so weit reduziert und neutralisiert werden, dass sie netto bei Null liegen.

Norwegen soll das erste CO2-neutrale Land der Welt sein, wenigstens wenn es nach dem derzeit amtierenden Premierminister Jens Stoltenberg geht. Allerdings hat er dieses ehrgeizige Ziel nicht im Kabinett oder gar bei einer Regierungserklärung vorgestellt. Vielmehr kündigte er beim Parteitag der regierenden Arbeiterpartei an, wie das ölreiche und bevölkerungsarme skandinavische Land in drei Schritten die Klimaneutralität erreichen will:

  • Bis zum Ende der Laufzeit des Kyoto-Protokolls im Jahr 2012 solle Norwegen seine eigene Selbstverpflichtung um zehn Prozent übererfüllen, schlägt Stoltenberg vor.
  • Schon im Jahr 2020 soll der Ausstoß von Treibhausgasen dann um 30 Prozent gesenkt werden.
  • Bis zur Jahrhundertmitte solle das Land dann Reduktionsmaßnahmen ergreifen, die einer Verminderung um 100 Prozent entsprechen würden.

Dass in einem hochzivilisierten, obendrein meist kalten Land plötzlich keine fossile Energie mehr verbraucht werden könnte, erscheint indes eigentümlich irreal.

"Norwegen beabsichtigt, zuhause und im Ausland Vorkehrungen zu treffen, um dieses Ziel zu erreichen", teilte das Büro des Premiers mit. Mit anderen Worten: Mit Verschmutzungsrechten und Ausgleichsmaßnahmen will das Land entstehende Emissionen ausgleichen, bis - mathematisch - eine Null erreicht ist.

Kritik ausgerechnet von Umweltschützern

"Ich tue das, weil das Klima entscheidend ist", sagte Stoltenberg. "Der Treibhauseffekt betrifft alle Menschen. Er ist das gefährlichste Umweltproblem." Die beiden Juniorpartner in Stoltenbergs Regierung, die sozialistische Linke und die Zentrumspartei, unterstützen die erste der drei Forderungen, haben sich zu den beiden anderen aber bislang nicht geäußert. Der Klimawandel war das zentrale Thema beim Parteitag der norwegischen Arbeiterpartei.

Am Freitag sprachen zwei prominente Gäste zu den Delegierten: der ehemalige Uno-Generalsekretär Kofi Annan und die ehemalige Premierministerin Norwegens, Gro Harlem Brundtland. Sie leitete die Uno-Kommission, die im Jahr 1987 die grundlegende umweltpolitische Studie "Unsere gemeinsame Zukunft" ("Our Common Future") verfasste.

Kritik an der Ankündigung übte die Umweltschutzorganisation WWF. Deren norwegischer Generalsekretär Rasmus Hansson sagte: "Stoltenberg ist doch naiv, wenn er denkt, dass Länder wie Indien und China einfach dabei zusehen werden, wie Norwegen sich mit Verschmutzungsrechten seinen Weg aus den Problemen herauskauft." In den westlichen Ländern selbst müsse es Einschnitte geben, fügte er hinzu.

stx/AP

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren