Island-Vulkan Bárdarbunga Der Riese wankt
Hamburg - Niemand weiß genau, was vor sich geht im Bauch des Bárdarbunga, dem größten Vulkan Islands. An seiner Oberfläche aber mehren sich spektakuläre Ereignisse: Hunderte Meter lange, acht Meter breite Schluchten öffnen sich, der Krater sackt ab, aus Spalten spritzt Lava, der Boden bebt.
Die geologischen Kräfte bringen den Riesen ins Wanken: Sein zehn Kilometer breiter Krater, die sogenannte Caldera, sackt ein. "Die Caldera ist unruhig", erklärt der Vulkanforscher Dave McGarvie von der Open University in Edinburgh.
Bis zu 850 Meter dickes Gletschereis lagert im Schlund. Lasermessungen aus dem Flugzeug offenbaren nun eine 15 Meter tiefe Delle im Eis nahezu über dem gesamten Krater. Seit Beginn der Messungen Mitte des vergangenen Jahrhunderts sei ein solches Absacken nicht festgestellt worden, berichtet das Icelandic Met Office (IMO).
Umwälzungen im Untergrund

Unruhiger Riese: Lavaspektakel am Bárdarbunga
Die Delle scheint Folge gewaltiger Umwälzungen im Untergrund: Aus der Tiefe steigt offenbar ein 40 Kilometer langer Magmastrom auf, er frisst sich unter dem Bárdarbunga nach Norden. Sein Vordringen lasse den Boden mancherorts absacken, andernorts wölbe er sich, erläutern Experten des IMO.
Trotzdem sehen sie derzeit keine Anzeichen für einen katastrophalen Ausbruch des Bárdarbunga. Für eine außergewöhnlich große Eruption mangle es derzeit an Magmanachschub, beruhigt das IMO. Gefahr für die Bevölkerung bestehe nicht, die Umgebung des Vulkans ist weitenteils unbewohnt.
Die Lavamenge reicht jedoch aus für ein beeindruckendes Schauspiel: Aus kilometerlangen Spalten an der Nordflanke des Vulkans schießen bereits seit Tagen glühende Lavafontänen Dutzende Meter hoch, wie spektakuläre Aufnahmen des isländischen Filmemachers Jon Gustafsson zeigen.
Glühende Zunge
Pro Sekunde ergießen sich 200.000 Liter des mehr als tausend Grad heißen Gesteinsbreis zungenförmig die nördliche Bergflanke hinab, berichtet das IMO. Elf Kilometer weit erstreckt sich die Zunge bereits ins Tal, täglich rückt sie etwa einen Kilometer vor. Sie bedeckt mittlerweile 19 Quadratkilometer, eine Fläche so groß wie die Ostseeinsel Hiddensee.
Bis auf zwei Kilometer hat sich das Feuerwerk dem Gletscher genähert. Der Kontakt würde Ascheexplosionen erzeugen - Wasser explodiert beim Kontakt mit Magma.
Sollte der Vulkan tatsächlich mit größerem Schub in der Caldera ausbrechen, würde der Eispanzer die Lava zunächst blockieren. Durchdringt Lava dann aber den Gletscher, zerfetzt sie zu mächtigen dunklen Wolken, sie könnten den Flugverkehr behindern.
Damit es zu einer großen Wolke wie 2010 am Eyjafjallajökull kommen könnte, müsste der Magmadruck im Bárdarbunga aber noch zunehmen, meinen die IMO-Forscher. Denn der Gletscher über dem Bárdarbunga ist erheblich dicker als über dem Eyjafjallajökull.
Wummerndes Magma
Es könnte also sein, dass Lava weiterhin nur Schmelztrichter im Gletscher erzeugt, ohne nach oben durchzudringen. Örtlich taut sie den Eispanzer bereits von unten, davon zeugen 35 Meter tiefe Krater - das Eis sackt ein.
Die Hoffnung, solche milden Ausbrüche würden Druck abbauen, eine große Eruption mithin verhindern, bleibt unsicher. Denn GPS-Daten zeigten noch keine Verringerung des Drucks im Bárdarbunga, berichtet das IMO. Die Signale dokumentieren vielmehr bedenkliche Wölbungen der Vulkanflanken, was auf stete Magmazufuhr aus der Tiefe deute.
Starke Erdbeben erschüttern den Bárdabunga; und Hunderte Mal am Tag erzittert der Berg leicht. Und immer wieder registrieren die Seismometer zudem den gefürchteten vulkanischen Tremor, ein gleichmäßiges Wummern im Untergrund, das charakteristisch ist für strömende Flüssigkeiten. Damit scheint klar: Das Magma ist in Bewegung, Nachschub steigt auf.
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