Vulkanausbruch in Zentralafrika Kongos tödlicher Feuerspucker

Wissenschaftler halten den Nyiragongo für einen der gefährlichsten Vulkane der Welt. Doch die Überwachung des riesigen Lavasees ist schwierig in dem politisch instabilen Land.
Er glüht, brodelt und dampft: Der Lavasee am Nyiragongo

Er glüht, brodelt und dampft: Der Lavasee am Nyiragongo

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Thierry Falise / LightRocket via Getty Images

Unter den Bewohnern der Zwei-Millionen-Metropole Goma brach am Samstagabend Panik aus: Die Nachricht vom erneuten Ausbruch des Nyiragongo verbreitete sich rasend schnell, die Menschen packten ihre Sachen und flohen an die nahe gelegene Grenze zu Ruanda. Der aktive Vulkan befindet sich im Virunga-Nationalpark, knapp 20 Kilometer nördlich der Stadt, südlich von Goma liegt der Kivusee – viele Möglichkeiten der Flucht hatten die Menschen nicht.

Die Angst vor der tödlichen Lava des Mont Nyiragongo sitzt tief. Experten halten ihn für einen der gefährlichsten Vulkane der Welt. Durch die Nähe zur Stadt Goma wurde der Nyiragongo immer wieder zur Gefahr für die Menschen. Bei der Bevölkerung noch sehr präsent sind die Erinnerungen an die beiden fatalen Ausbrüche von 1977 und 2002, als durch die Lavaströme insgesamt etwa 700 Menschen starben.

Satellitenaufnahme der kongolesischen Vulkane Nyamuragira (oben) und Nyiragongo (unten)

Satellitenaufnahme der kongolesischen Vulkane Nyamuragira (oben) und Nyiragongo (unten)

Foto: NASA/ USGS

Der 3469 Meter hohe Mount Nyiragongo gehört zu einer Kette von acht Vulkanen im Ostafrikanischen Grabenbruch, einer tektonisch aktiven Dehnungszone, die Teil des Großen Afrikanischen Grabenbruchs ist.

Der Nyiragongo ist sehr aktiv und gehört zur Gruppe der Stratovulkane. Diese Vulkanart besteht aus sich abwechselnden Schichten von Asche, getrockneter Lava und Gestein früherer Ausbrüche. Sie werden auch »Schichtvulkane« genannt.

Der Schlot von Nyiragongo ist mit flüssiger Lava gefüllt. Mit rund 200 Meter Durchmesser ist der Lavasee der derzeit größte der Welt. Sein Pegel schwankt stark, denn von unten wird der Vulkan aus dem Erdinneren durch einen senkrecht aufsteigenden heißen Gesteinsstrom gespeist, den Geologen auch »Mantelplumes« nennen. Füllt sich der See zunehmend, wächst die Gefahr einer Eruption, und schließlich ergießt sich die Lava über die umliegenden Gebiete.

Flucht vor der Lava: Die Einwohner von Goma packten am Samstagabend ihre Sachen

Flucht vor der Lava: Die Einwohner von Goma packten am Samstagabend ihre Sachen

Foto: Guerchom Ndebo / AFP

Vulkanologen wissen: Der Pegel im Krater ist der beste Gradmesser für die Bedrohungslage am Nyiragongo. Je höher er steigt, desto größer ist der Magmadruck. Noch steht der See deutlich unterhalb des Kraterrands.

Vulkanologe: »Wir hatten großes Glück«

Doch der genaue Zeitpunkt des Ausbruchs ist schwer zu bestimmen. Die Vulkanologen des Goma Volcano Observatory (OVG) versuchten, regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Doch Expeditionen sind gefährlich, Überfälle drohen, und fest installierte Messinstrumente werden meist geklaut. So gelangen Forscher nur an wenige Daten.

Die Demokratische Republik Kongo war lange Jahre eines der instabilsten Länder Afrikas. In den ersten friedlichen Wahlen des Landes wurde 2019 Félix Tshisekedi als neuer Präsident gewählt, das Land kommt jedoch kaum zur Ruhe. In Nord-Kivu und anderen östlichen Provinzen bekämpfen sich Dutzende Milizen, allein im vergangenen Jahr wurden dabei nach Angaben der Uno mehr als 2000 Zivilisten getötet. Für zusätzliche Probleme sorgt ein neuer Ebola-Ausbruch in Nord-Kivu.

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Laut regionalen Medienberichten konnte der Lavasee in den vergangenen sieben Monaten nicht mehr beobachtet werden. Die Regierung habe den Vulkanologen die Unterstützung entzogen, so der Vorwurf.

»Wir hatten großes Glück, dass der Ausbruch sehr kurz war«, sagte Dario Tedesco, ein in Goma ansässiger Vulkanologe. »Nach den wenigen Informationen, die wir haben, kam nur die Lava im Krater heraus, es gab keine zusätzliche Lava von unten.«

Bereits 2020 hatten der italienische Wissenschaftler Tedesco und seine Kollegen vor einem Ausbruch gewarnt. Sie beobachteten seit Februar 2020, dass der Lavasee immer schneller anstieg. Einen großen Ausbruch erwartete der Vulkanologe laut der »News Times Ruanda« damals erst für 2024 bis 2027.

Fotostrecke

Der Ausbruch des Mount Nyiragongo

Foto: Justin Kabumba / dpa

In der Region an der Grenze zu Ruanda und Uganda gibt es insgesamt sechs über 3000 Meter hohe Vulkane. So liegt der Nyamuragira nur etwa 15 Kilometer vom gerade ausgebrochenen Nyiragongo entfernt (siehe Satellitenbild oben).

Der Nyamuragira gilt ebenfalls als einer der aktivsten Vulkane Afrikas. Die Lavaflüsse im Inneren ziehen sich über 1500 Quadratkilometer. An seiner höchsten Stelle ist der Schildvulkan mehr als 3000 Meter hoch, am Gipfel befindet sich ein Krater mit etwa hundert Meter hohen Wänden.

Bei einer Eruption flossen 1938 große Lavamengen aus dem Lavasee im Krater des Vulkans und erreichten auch den etwa 25 Kilometer südlich gelegenen Kivusee. Satellitenbilder von 2014 zeigten, dass der Vulkankrater inzwischen einen neuen, brodelnden Lavasee ausgebildet hat.

Beide Vulkane liegen im Virunga-Nationalpark. Der Park ist Afrikas artenreichstes Schutzgebiet und die Heimat der vom Aussterben bedrohten Berggorillas.

Mit Material von dpa und Reuters

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, der Kivusee liege nördlich des Nyamuragira. Tatsächlich befindet er sich südlich des Vulkans.

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