Rast- und Brutstätten im Wattenmeer Klimawandel bedroht Lebensräume von Zugvögeln

Starkregen, Stürme und der steigende Meeresspiegel machen Zugvögeln zu schaffen. Eine groß angelegte Langzeitstudie zeigt: Bei einigen Arten gibt es bereits drastische Rückgänge.
Kraniche auf den Weg in den Süden

Kraniche auf den Weg in den Süden

Foto: Sean Gallup / Getty Images

An vielen Küsten wird es für Zugvögel mittlerweile ungemütlich: Die Folgen des Klimawandels aber auch von Umweltverschmutzung und Schiffsverkehr stören die Rast und Brut auf den Flugrouten. Das ergab eine Untersuchung des Gemeinsamen Wattenmeersekretariats Wilhelmshaven .

Bei der Hälfte der insgesamt 83 beobachteten Zugvogelpopulationen würden die Bestände zwar zunehmen, bei 30 Prozent verzeichneten die Forschenden aber eine Abnahme – etwa bei Watvögeln, die in der sibirischen Arktis brüten.

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Die Daten stammen aus einer groß angelegten Zählung der Vögel. Bei dem Projekt werden seit 2014 alle drei Jahre Zugvogelpopulationen entlang des ostatlantischen Vogelzuges gleichzeitig gezählt. An der letzten Zählung im Jahr 2020, deren Ergebnisse nun vorliegen, waren mehr als 13.000 Menschen in 36 Ländern beteiligt.

Steigender Meeresspiegel und Umweltverschmutzung

Laut dem Untersuchungsbericht ist in Nordwesteuropa der steigende Meeresspiegel eine der Hauptbelastungen für die Vögel. Das Wattenmeer vor den Küsten Dänemarks, Deutschlands und der Niederlande gilt als Drehscheibe des ostatlantischen Vogelzuges. In dem von der Unesco ausgezeichneten Feuchtgebiet fressen sich Millionen Vögel Nahrungsreserven für ihren Weiterflug zwischen Afrika und der Arktis an.

Im Wattenmeer etwa würden neben dem Meeresspiegelanstieg zunehmend auch extreme Wetterereignisse wie Starkregen und Stürme den Vögeln bei der Rast und Brut zusetzen, so Kristine Meise, Programmleiterin Zugweg und Biodiversität des Wattenmeersekretariats. »Die Zugvögel haben sich über Jahrtausende an bestimmte Zeiten angepasst.« Durch den Klimawandel beginne der Frühling und damit die Schneeschmelze und der Schlupf von Insekten in der Arktis aber früher, so Meise. Für die Brut und Aufzucht von Jungvögeln ergäben sich dadurch schlechtere Bedingungen. Dies könne einen Rückgang beim Bruterfolg erklären.

Auch im Hauptüberwinterungsgebiet vor Westafrika seien die Folgen des Klimawandels etwa durch Erosion an den Küsten für Zugvögel bereits zu spüren, sagte Meise. Andere Faktoren wie Überfischung, Schiffsverkehr und Holzeinschlag haben der Studie zufolge dort aber noch größeren Einfluss.

Ohne Schutzmaßnahmen ist das gesamte Wattenmeer in Gefahr

Um Bedrohungen entgegenzuwirken und Zugvögel zu erhalten, nennen die Autoren des Berichts als zentrale Maßnahmen den Schutz bevorzugter Vogelstandorte und die nachhaltige Bewirtschaftung von Lebensräumen.

Neben Zugvögeln leben auch Robben und Schweinswale im Wattenmeer – und Zehntausende andere Arten, von Algen über Würmer bis Muscheln. Das komplexe Ökosystem erstreckt sich über 11.500 Quadratkilometer zwischen Dänemark, Deutschland und den Niederlanden. Steigende Meeresspiegel, Erwärmung und Extremwetter sind eine Gefahr für das Unesco-Weltnaturerbe.

Bereits im vergangenen Jahr warnte die Weltnaturschutzunion (IUCN) davor, dass der Klimawandel das Wattenmeer in hohem Maße bedrohe. Das Überleben hänge von der Umsetzung von Erhaltungs- und Schutzmaßnahmen ab.

sug/dpa
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