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Schnecken: Rundflug im Vogelbauch

Foto: Shinichiro Wada

Widerstandsfähige Weichtiere Schnecken reisen in Vogelmägen

Schnecken sind langsam - und doch gelangen sie an entfernte Orte: Eine japanische Art reist in Vögelmägen, haben Biologen herausgefunden. Nicht alle Tiere überleben den Trip im Verdauungstrakt, doch manche bringen während des Fluges sogar Nachkommen zur Welt.

Hamburg - Da Schnecken nicht schnell vorankommen, müssen sie Hilfsmitteln nutzen, um sich auszubreiten. Sie surfen beispielsweise auf Algen von Inseln vor der Antarktis bis nach Neuseeland.

Biologen haben nun eine weitere Reisemethode von Schnecken entdeckt - allerdings ist diese für die Tiere ausgesprochen gefährlich. Forscher der Tohoku University in Japan haben beobachtet, dass Schnecken auf der Insel Hahajima lebendig den Darmtrakt von Vögeln passieren und unversehrt wieder ausgeschieden werden.

Die etwa zwei Millimeter kleinen Schnecken der Art Tornatellides boeningi werden unter anderem vom Japanbrillenvogel gefressen. Bei ihren Untersuchungen entdeckten Shinichiro Wada und seine Kollegen dann das Erstaunliche: Die Biologen konnten beobachten, dass die Vögel etwa 14 Prozent von den 119 Schnecken, die sie gefressen hatten, lebendig und ohne Schäden wieder ausschieden.

Bei Orpheusbülbülen, ebenfalls ein Jäger der Schneckenart, befanden sich von 55 gefressenen Schnecken etwa 16 Prozent Überlebende in den Exkrementen. Ein Tier hatte sogar Nachkommen geboren, direkt nachdem es wieder ausgeschieden wurde, wie die Wissenschaftler im "Journal of Biogeography"  berichten - die Schneckenart bringt lebende Junge zur Welt.

Flug ans andere Ende der Insel

Die Heimat der Tornatellides-boeningi-Schnecke, die Insel Hahajima, ist etwa 20 Quadratkilometer groß und damit vergleichsweise überschaubar. Dennoch könnte eine Schnecke sie aus Zeitgründen niemals überqueren, um sich Geschlechtspartner zu suchen. Normalerweise nehmen die Tiere deshalb mit ihren direkten Nachbarn in der eigenen Population Vorlieb.

Die Forscher beobachteten, dass die T. boeningi die auf Hahajima die weitesten verbreitete Art ist und sich anscheinend weiträumig fortpflanzt. Denn DNA-Untersuchungen der Forscher zeigten, dass die Schnecke eine hohe genetische Vielfalt aufweist.

Sie paaren sich demnach nicht nur mit ihren direkten Nachbarn, sondern auch mit Tieren aus weiter entfernten Populationen. Durch die Transportmöglichkeit im Bauch der Vögel schafften die Schnecken es, in kurzer Zeit lange Strecken zurückzulegen und sich so über einen großen Raum zu verbreiten.

Unter Forschern ist bislang bekannt, dass Schnecken sich sehr schnell an ihre Umweltbedingungen anpassen können. Noch ist jedoch nicht geklärt, wie die japanischen Schnecken es schaffen, die ätzende Magensäure oder den auf sie einwirkenden Druck im Darm zu überstehen. Das wollen die Biologen in weiteren Untersuchungen klären.

nih

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