Ohne Hopfen Wie gut schmeckt Gen-Bier?

Kein Bier ohne Hopfen, empfiehlt das deutsche Reinheitsgebot. Doch Forscher haben den wichtigen Aromastoff gentechnisch ersetzt - und prahlen mit dem extra-herben Geschmack.
Bier nach Pilsener Brauart

Bier nach Pilsener Brauart

Foto: Roland Weihrauch/ dpa

Es gibt nicht wenige Menschen, die schwören beim Thema Bier auf das deutsche Reinheitsgebot. Die teilweise auf jahrhundertealten Vorschriften zurückgehende Selbstverpflichtung besagt, dass Bier nur aus Hopfen, Malz, Hefe und Wasser hergestellt werden sollte. Nur so schmeckt ein Bier wie ein Bier schmecken soll, behaupten viele Brauereien.

Doch US-Biotechnologen haben nun ein Bier ohne Hopfen entwickelt. Und paradoxerweise schmeckt es hopfiger als das mit echtem Hopfen drin. Möglich macht das Gentechnik: Die Forscher veränderten Bierhefestämme genetisch so, dass sie beim Brauen nicht nur Alkohol erzeugen, sondern auch die beiden wichtigsten Aromastoffe des Hopfens.

Jay Keasling und Charles Denby von der University of California in Berkeley und ihre Kollegen berichten im Fachjournal "Nature Communications" , dass Tester ihr Getränk bei einer Verkostung sogar als stärker gehopft empfanden als ein echtes Hopfenbier.

Mit einem Schuss Wasser oder ohne?
Foto: Christopher Furlong/ Getty Images

Als Gründe für die biotechnologische Veränderung der Bierhefe nennen die Forscher hohe Preise für die in den USA verbreitete Hopfensorte "Cascade". Der Anbau von Hopfen (Humulus lupulus) sei zudem sehr wasser- und energieintensiv. "Außerdem variieren Hopfensorten beträchtlich im Gehalt an ätherischen Ölen, was es schwierig macht, einen gleichbleibenden hopfigen Geschmack in Bier zu erreichen", schreibt das Team.

Der typische Hopfengeschmack hängt von mehreren Aromastoffen ab. Als wichtigste Geschmacksträger gelten Linalool und Geraniol. Beide kommen in den ätherischen Ölen vieler Pflanzen vor, weshalb die Wissenschaftler zunächst testeten, welche davon sich als Ausgangsbasis für die gesuchten Gene am besten eignen. Sie fanden sie in der Wasserminze (Mentha aquatica) und im Basilikum (Ocimum basilicum).

Linalool und Geraniol werden über mehrere Stoffwechselschritte hergestellt. Darum mussten die Forscher herausfinden, welche Proteine dafür nötig sind. Letztlich schleusten sie Gene in die Bierhefe ein, die die Informationen zur Produktion von vier Eiweißstoffen tragen. Weil sie verschiedene Methoden zur Integration der Gene in das Erbgut der Hefe verwendeten, schufen sie verschiedene Stämme, die unterschiedliche Mengen Linalool und Geraniol produzieren.

"Vielfältigeres Bouquet von Molekülen"

Mit drei genetisch veränderten Stämmen brauten die Biotechnologen Biere und verkosteten sie dann zusammen mit einem normalen Hopfenbier. Zumindest ein Stamm, JBEI-16652, brachte ein Bier hervor, dem die Probanden einen stärkeren Hopfengeschmack bescheinigten als normalem Bier. Dennoch betonen die Forscher, dass der volle, durch traditionellen Hopfen erzeugte Geschmack "wahrscheinlich auf einem vielfältigeren Bouquet von Molekülen beruht".

Erstautor Denby ist dennoch von der neuen Bierhefe so überzeugt, dass er für Herstellung und Vermarktung ein Unternehmen gegründet hat. Seine Zielgruppe sind kleine Brauereien, die unter den hohen Hopfenpreisen leiden. Zwar gebe es erhebliche Vorbehalte in der Bevölkerung gegen biotechnologisch erzeugte Lebensmittel, schreiben die Forscher. Sie sind aber überzeugt, dass ihre Braumethode nachhaltiger ist als der Hopfenanbau und deshalb eine Chance hat.

joe/dpa

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