WWF-Studie Deutsche werfen 313 Kilo Lebensmittel weg - pro Sekunde

Lebensmittel im Müll: Die Verschwendung geht weiter
Foto: Patrick Pleul/ dpaZwei Zahlen genügen, um die Tragödie zu verdeutlichen: Von den sieben Milliarden Menschen auf der Welt hungert täglich rund eine Milliarde. Gleichzeitig würde die globale Lebensmittelproduktion theoretisch ausreichen, um nicht nur sieben, sondern neun, zehn oder gar zwölf Milliarden Menschen satt zu machen.
Als eine der wichtigsten Ursachen dieses Missverhältnisses gilt die Verschwendung von Nahrungsmitteln - und die hat, trotz aller Appelle der vergangenen Jahre, offenbar nicht abgenommen, wie eine neue Studie der Umweltstiftung WWF nahelegt.
Allein in Deutschland landen demnach jedes Jahr rund 18,4 Millionen Tonnen an Nahrung im Müll. Etwa zehn Millionen davon seien bereits heute vermeidbar - ohne den Einsatz neuer Technologien, sagte WWF-Referentin Tanja Dräger de Teran am Donnerstag in Berlin. Im Schnitt würden die Deutschen also 313 Kilo genießbare Nahrungsmittel unnötig wegwerfen - pro Sekunde.
Großteil der Verschwendung wäre vermeidbar
Für die Studie "Das große Wegschmeißen" wurden mehrere vorhandene Untersuchungen zusammengeführt. Beleuchtet wird die Menge der Verluste während der gesamten Kette vom Acker bis hin zum Verbraucher. Während Lebensmittel in ärmeren Ländern bereits bei der Ernte, bei Transport und Lagerung verloren gingen, sei in reichen Ländern eher der Endverbraucher das Problem. Knapp 40 Prozent des Mülls falle in Deutschland in Privathaushalten an, heißt es. Hinzu kämen unter anderem Verluste bei der Produktion sowie in der Gastronomie. Der größte Teil davon sei vermeidbar.
Würden Landwirtschaft, Handel und Verbraucher gemeinsam Abfälle vermeiden, ergebe sich ein "signifikanter Beitrag zum Ressourcen- und Klimaschutz", sagte Dräger de Teran. Denn etwa Treibhausgasemissionen durch Düngung, Transport und Kühlung fielen für die weggeworfenen Lebensmittel vergeblich an. Der verschwendete "riesige Essensberg" befeuere damit den Klimawandel. Der wiederum dürfte in Zukunft die globalen Ernteerträge schmälern - ein Teufelskreis.
Gerade bei Kleinverbrauchern gelten viele Abfälle laut WWF als vermeidbar, vor allem bei Brot sowie Obst und Gemüse: "Bewusst einkaufen, frisch kochen und richtig lagern - so wirft man weniger weg", empfiehlt Fernsehkoch Christian Rach im Vorwort der Studie.
Viele Appelle, wenig Veränderung
Derartige Appelle gibt es bereits seit Jahren immer wieder, geändert hat sich wenig. So erschien zuletzt 2012 eine große Studie zur Verschwendung von Lebensmitteln in Deutschland. Seitdem habe man "keine grundlegende Tendenz der Zunahme oder Abnahme" beim Wegwerfen von Essen beobachten können, so der WWF. Lediglich die Verschwendung von Obst und Gemüse habe die Studie von 2012 vermutlich ein wenig überschätzt.
Aus der Politik kämen bisher lediglich "vollmundige Ankündigungen", es fehle an einer nationalen Strategie mit Zielen und Arbeitsschritten, bemängelte Expertin Dräger de Teran. Die Bundesregierung habe zwar erklärt, die Abfälle bis 2020 um die Hälfte reduzieren zu wollen. Allerdings gebe es zu dem Thema selten valide Daten, was die Überprüfung erschwere.
Die Autoren der Studie betonen an mehreren Stellen, dass die Datenbasis relativ unsicher sei. So hatte es 2012 geheißen, deutsche Endverbraucher würden pro Jahr 8,6 Millionen Tonnen Lebensmittel wegschmeißen. Die Spanne könne aber zwischen 5,8 und zehn Millionen Tonnen liegen.
Die WWF-Experten haben deshalb für ihre neue Studie Untersuchungen aus anderen Industrieländern ausgewertet, und die scheinen die aktuellen deutschen Zahlen zu bestätigen. Ob in den USA, in der Schweiz, in Skandinavien oder Großbritannien, überall zeigte sich ein ähnliches Bild: Die Endverbraucher werfen rund 20 Prozent ihrer Lebensmittel ungenutzt auf den Müll.
Immerhin haben sich in den vergangenen Jahren einige Initiativen gebildet: Auf Internetplattformen wie Foodsharing.de geben Nutzer übrig gebliebene Nahrungsmittel gratis ab. Öffentlich zugängliche Kühlschränke sieht die Freiwilligen-Initiative VoluNation im Kommen: Diese teilte mit, im deutschsprachigen Raum seien mehr als 7500 freiwillige "Essensretter" im Einsatz, die bisher rund 200 Schränke mit nicht mehr verkäuflichen Produkten aus dem Handel füllten.
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Doch offenbar ist die Zahl derer, die derlei Angebote nutzen, bisher zu gering, um einen spürbaren Rückgang der Verschwendung zu bewirken.