Bericht zum Zustand der Meere Zu warm, zu sauer, immer schlechter bewohnbar

Den Weltmeeren und ihren Bewohnern geht es schlecht, warnen 150 Fachleute. Sie haben die Folgen des Klimawandels für die Ozeane aus dem Weltall beobachtet. Die Veränderungen betreffen auch den Menschen.
Je höher der Meeresspiegel, desto größer das Risiko von Überschwemmungen bei Sturmlagen

Je höher der Meeresspiegel, desto größer das Risiko von Überschwemmungen bei Sturmlagen

Foto: David Hastilow / Getty Images

Der Zustand der Meere ist besorgniserregend: Die Kombination von mehreren Problemen bedroht nicht nur Ökosysteme und Meerestiere, sondern hat auch Folgen für Millionen Küstenbewohner. Das geht aus dem fünften Bericht des Copernicus-Meeresumweltüberwachungsdienstes  hervor, den 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Auftrag der Europäischen Kommission einmal im Jahr veröffentlichen.

Der Report nennt die schlimmsten Folgen: Die Erwärmung der Weltmeere und das schmelzende Landeis führen demnach zu einem Anstieg des Meeresspiegels – im Mittelmeerraum um 2,5 Millimeter pro Jahr und weltweit um bis zu 3,1 Millimeter. Als Beispiel für bereits spürbare Folgen nennt der Bericht die Überflutung Venedigs im November 2019, als der Wasserstand auf bis zu 1,89 Meter anschwoll.

Überschwemmung in Venedig 2019: Männer waten mit Kartons und Lebensmitteln durch das Hochwasser auf einem überfluteten Platz

Überschwemmung in Venedig 2019: Männer waten mit Kartons und Lebensmitteln durch das Hochwasser auf einem überfluteten Platz

Foto: Alberto Lingria/ dpa

Der stetige Anstieg des Meeresspiegels liegt vor allem am Abschmelzen von Landeis. Allein zwischen 1979 und 2020 habe die Arktis eine Eisfläche verloren, die etwa sechsmal so groß wie Deutschland ist. Seit 1979 sei das Eis um 12,89 Prozent pro Jahrzehnt zurückgegangen. Die Tiefststände wurden in den vergangenen beiden Jahren verzeichnet.

Die Fachleute warnen: Wenn das arktische Eis weiter schmilzt, könnte das zu einer Zerstörung von Infrastruktur an Küsten, aber auch zur regionalen Erwärmung und zu einer Veränderung der globalen Wettermuster beitragen.

Zusammenspiel von negativen Einflüssen

Das Team hat verschiedene Indikatoren, mit denen es den Zustand des Meeres bewertet – darunter auch Temperatur, pH-Wert oder Meeresspiegel-Level und Eisausdehnung. In fast allen Kategorien gibt es Verschlechterungen. So stieg die durchschnittliche Oberflächentemperatur in allen Weltmeeren. Die Erwärmung der Ozeane habe zur Folge, dass Meeresbewohner in kühlere Gewässer abwandern oder die Bestände von Arten schrumpfen.

Gleichzeitig geht der Sauerstoffgehalt fast überall zurück und der pH-Wert sinkt. Letzteres führt zu einer Versauerung der Weltmeere, was unter anderem zum Absterben von Meerestieren wie Korallen führt. (Dazu lesen Sie hier unsere multimediale Story »Die Welt in Seenot«.)

Der Bericht beleuchtet auch die Folgen für einzelne Meere. So kommt es durch extreme Hitze- und Kältewellen in der Nordsee zu Schwankungen bei den Fangmengen. Einige Populationen schrumpfen, darunter Seezunge, Hummer, Seebarsch und Taschenkrebs.

»Klimawandel, Umweltverschmutzung und Übernutzung haben eine nie dagewesene Belastung für den Ozean verursacht«, sagt Karina von Schuckmann, Vorsitzende des Ocean State Reports in einer Mitteilung zum Bericht. Die Weltmeere bedeckten den Großteil der Erdoberfläche und regulierten das Klima, eine genaue und zeitnahe Überwachung sei entscheidend, um die Ozeane besser zu verstehen und auf Veränderungen reagieren zu können.

Millimetergenaue Messungen aus dem Weltraum

Die Forscher greifen für den Bericht vor allem auf Satellitenbeobachtungen zurück. Mithilfe des Erdbeobachtungsprogramm Copernicus können sie Aussagen zum Zustand von Land, Meeren und Atmosphäre sowie den Klimawandel und seine Folgen treffen.

Erst im vergangenen Jahr bekam das Programm Unterstützung von einem neuen Satelliten, dem »Sentinel 6«. Er kann beispielsweise aus dem Weltraum in bisher unerreichter Präzision auf die Ozeane schauen. Aus einer Höhe von mehr als 1300 Kilometern nimmt er millimetergenaue Messungen vor. Nach Angaben der europäischen Raumfahrtagentur Esa scannt er in einem Zeitraum von zehn Tagen 95 Prozent der globalen Meeresoberfläche.

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Erdbeobachtungssatelliten gibt es seit Jahrzehnten, die »Sentinel«-Satelliten fliegen seit einigen Jahren um die Erde.

sug/dpa
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