Drei Konzepte für klimaneutrales Fliegen
Airbus plant Wasserstoff-Flugzeug
Mit Technik gegen "Flugscham": Airbus arbeitet an Konzepten, um das CO₂-Problem der Luftfahrt zumindest teilweise zu lösen. Dafür braucht es viel Geld - wohl auch aus Steuermitteln.
Konzept eines wasserstoffbetriebenen Airbus-Jets, mit dem zum Beispiel Strecken innerhalb Europas bedient werden könnten
Foto: IIVS/ Airbus
Die Corona-Pandemie hat die Luftfahrt kurzfristig in eine existenzielle Krise gestürzt. Aber auch langfristig steht die Branche vor großen Herausforderungen. Es geht um die Frage, wie viel klimaschädlichen Luftverkehr sich die Menschheit in den kommenden Jahrzehnten noch leisten kann und will. Der Anteil der Luftfahrt an den menschgemachten Emissionen von Kohlendioxid liegt aktuell bei etwa 2,5 Prozent. Dazu kommen Wasserdampf und die daraus entstehenden Eiswolken.
Ideen, wie sich die Probleme lösen lassen, gibt es einige: Klimaneutral hergestellte Treibstoffe gehören dazu, batteriebetriebene Flugzeuge - oder aber Modelle mit Wasserstoffantrieb. Hierzu hat der europäische Flugzeugbauer Airbus am Montag nun drei neue Ideen vorgestellt. Es handelt sich um Konzepte für, so nennt es das Unternehmen, "das erste klimaneutrale und emissionsfreie Verkehrsflugzeug". Die Designentwürfe laufen alle unter dem Codenamen "ZEROe". Sie umfassen:
Eine Propellermaschine, mit der bis zu 100 Passagiere auf Kurzstrecken von mehr als 1.850 Kilometern unterwegs sein können. Die Turboprop-Antriebe sollen durch die Verbrennung von Wasserstoff in modifizierten Gasturbinentriebwerken mit Energie versorgt werden.
Eine Maschine mit Düsenantrieb, die 120 bis 200 Passagiere mehr als 3700 Kilometer weit befördern könnte. So ein Modell wäre zum Beispiel für Reisen innerhalb Europas ausreichend. Auch hier würden die Triebwerke durch die Verbrennung von Wasserstoff angetrieben. Dieser würde in Tanks im hinteren Drittel des Rumpfes der Maschine mitgeführt. Eine solche Maschine wäre eine Art Nachfolger des Erfolgsmodells A320, der allerdings bisher auf eine Reichweite jenseits der 5000 Kilometer kommt.
Ein "Blended-wing-body"-Flugzeug, sozusagen ein fliegender Flügel, bei dem ein breiter Rumpf und die Tragflächen ineinander übergehen. Hier wäre, so heißt es, die Reichweite vergleichbar mit derjenigen beim Düsenmodell. Langstreckenflugzeuge dürften auch auf mittlere Sicht nicht mit Wasserstoff fliegen. Das liegt daran, dass die nötigen Tanks in den Maschinen zu groß wären.
Konzept eines "Blended-wing-body"-Flugzeugs mit Wasserstoffantrieb
Foto: IIVS/ Airbus
"Dies ist ein historischer Moment für die gesamte kommerzielle Luftfahrt", so Airbus-Chef Guillaume Faury. Die Konzepte würden der Welt "einen ersten Eindruck" von den "ehrgeizigen Zielen und kühnen Visionen" seiner Firma für die Zukunft des emissionsfreien Fliegens geben. "Ich bin fest davon überzeugt, dass der Einsatz von Wasserstoff - als Bestandteil synthetischer Treibstoffe wie auch als Hauptenergiequelle für Verkehrsflugzeuge - das Potenzial hat, die Klimaauswirkungen des Luftverkehrs deutlich zu reduzieren."
Bei Airbus hat man sich vorgenommen, zumindest eines der drei Modelle bis zum Jahr 2035 zur Einsatzreife zu bringen. Das klingt nach einem langen Zeitraum, wäre für die Entwicklungszyklen der Flugzeugbauer aber durchaus ambitioniert. Faury sagte der "Süddeutschen Zeitung", man brauche noch fünf Jahre, um die Technologie weiterzuentwickeln. Dann werde man ein Konzept auswählen und Partner dafür suchen. Der offizielle Programmstart könne dann 2027 oder 2028 erfolgen.
Sowjetflugzeug flog bereits 1988 mit Wasserstoff
Flugzeuge mit Wasserstoff zu betreiben, diese Idee wurde bereits Ende der Achtziger in der Praxis getestet. In der Sowjetunion wurde beim experimentellen Modell Tupolew Tu-155 am 15. April 1988 erstmals eines der drei Triebwerke an Bord mit Wasserstoff betrieben. Später flog die Maschine testweise auch mit Erdgas. Technisch liefen die Probeflüge ohne große Probleme ab, mit dem Ende der Sowjetunion wurde das Projekt dann aber eingestellt. Die Maschine ist am Flughafen Moskau-Schukowski eingelagert.
Eine Herausforderung für einen großflächigen Einsatz stellt die fehlende Infrastruktur am Boden dar. Flughäfen müssen mit Anlagen für Transport und die Betankung ausgestattet werden. Vor allem aber müssen große Mengen an klimaneutral produziertem Wasserstoff erst einmal vorliegen. Der Energieträger lässt sich zum Beispiel durch Elektrolyse von Wasser mithilfe von Windenergie herstellen. Das Verfahren hat aber einen eher ineffizienten Wirkungsgrad.
Und so könnte ein mit Wasserstoff angetriebener Airbus-Regionalflieger aussehen
Foto: IIVS/ Airbus
In der Coronakrise, und damit schließt sich der Kreis, haben Staaten wie Deutschland und Frankreich aber Milliarden an Fördermitteln für die Wasserstoffforschung angekündigt. Die Pandemie ist also nicht nur eine Herausforderung für die Luftfahrt der Gegenwart, womöglich legt sie auch den Grundstein für das Überleben der Industrie in der Zukunft. Auch die EU-Kommission hat eine Wasserstoffstrategie ausgearbeitet. So soll die Technik vorangebracht und effizienter gemacht werden.
In der Ankündigung von Airbus für die neuen Konzepte fordert das Unternehmen auch dezidiert weitere öffentliche Unterstützung für die Wasserstoffentwicklung: Ausschlaggebend für das Erreichen der ehrgeizigen Ziele sei „die Unterstützung von staatlicher Seite“, heißt es beim Flugzeugbauer. Das wiederum wird man beim Konkurrenten Boeing mit großem Interesse lesen. Nach jahrelangem Streit hatte die Welthandelsorganisation WTO in diesem Jahr entschieden, dass die europäischen Subventionen für Airbus den Regeln für freien Handel widersprochen haben und sich die USA mit Strafzöllen auf europäische Waren wehren durften. Gut möglich, dass durch die angedachte Förderung für Wasserstoff in Europa diese Diskussion in eine neue Runde geht.