"Maveric" Airbus stellt neues Konzept für Passagierflugzeuge vor

Ein Modell des Airbus "Maveric": Die Form des Flugzeugs erinnert an einen Rochen
Foto: EDGAR SU/ REUTERSAirbus hat sein neues Modell für ein alternatives kraftstoffsparendes Flugzeugkonzept vorgestellt. Der sogenannte Blended-Wing-Body mit dem Namen "Maveric" wird bereits seit Sommer 2019 getestet, wie der europäische Flugzeugbauer am Dienstag bei der größten asiatischen Luftfahrtmesse in Singapur mitteilte.
Blended-Wing-Body-Flugzeuge haben einen abgeflachten Rumpf, dessen Form fließend in die Flügel übergeht. Sie sehen ein wenig aus wie ein Rochen im Meer. Das Modell von Airbus hat eine Spannweite von 3,2 Metern und soll noch bis Mitte 2020 getestet werden. Airbus untersucht damit unter anderem Fragen des Antriebs und des Kabinenaufbaus. Das Design habe das Potenzial, 20 Prozent Kraftstoff einzusparen, so das Unternehmen.
Das Konzept eines Blended-Wing-Body-Designs ist nicht neu. US-Konkurrent Boeing hat etwa gemeinsam mit der Nasa bereits ein ähnliches Experimentalflugzeug, die X-48, entwickelt. Ein Vorteil dieser Bauweise ist unter anderem eine bessere Aerodynamik. Allerdings ist die Steuerung solcher Jets auch komplizierter.
Wird es Monitore statt Fenster geben?
Für Passagiere könnte sich ein Flug in solch einem Jet zudem ungewohnt anfühlen. Während sie bei klassischen Flugzeugen in der Mitte des Luftfahrzeugs sitzen und bei Flugmanövern des Piloten nur wenig spüren, könnte das bei einem neuartigen Jet zum Teil auch anders sein: Zumindest wer im Bereich der Flügel seinen Platz hat, dürfte Bewegungen in der Luft deutlich stärker wahrnehmen als bisher.
Ein weiterer Nachteil bei der Kabinengestaltung ist auch die eingeschränkte Möglichkeit, Fenster anzubringen. Stattdessen könnten den Passagieren Monitore gezeigt werden, die einen Blick nach draußen simulieren. Ob es so etwas in dem Airbus-Flugzeug geben soll, ist noch nicht klar. In Wahrheit sind noch viel fundamentalere Fragen nicht geklärt. Nicht zuletzt die, ob der "Maveric" tatsächlich eines Tages einmal in voller Größe abheben wird.
Das Unternehmen umschreibt seine Pläne einstweilen so: "Obwohl es keinen spezifischen Zeitplan für die Inbetriebnahme gibt, könnte dieser technologische Demonstrator dazu beitragen, Veränderungen in der Architektur von Verkehrsflugzeugen für eine ökologisch nachhaltige Zukunft der Luftfahrtindustrie zu erreichen", so Jean-Brice Dumont, der für Entwicklung bei Airbus zuständig ist, etwas blumig.
Bestehendes Modellangebot wird immer weiter optimiert
Airbus dürfte ebenso wie bei der Konkurrenz von Boeing bestenfalls langfristig ein komplett neues Flugzeugmodell einplanen. Hoch sind die Kosten für die Entwicklung und die Risiken, wenn sich der Markt anders entwickelt als gedacht. Airbus hat das zuletzt beim A380 schmerzvoll zu spüren bekommen. Der Riesenjet konnte nie den kommerziellen Erfolg erzielen, den sich das Unternehmen erhofft hatte.
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Um derlei Risiken zu minimieren, setzen die Hersteller vor allem darauf, ihr bestehendes Modellangebot immer weiter zu optimieren. Bei Airbus hofft man zum Beispiel auf einen Erfolg des kleinen Langstreckenjets A321XLR, eine Weiterentwicklung des A321neo. Das erste Flugzeug dieses Typs soll im Jahr 2023 ausgeliefert werden. Auf der Messe in Singapur erklärte das Unternehmen, man erwarte binnen zehn Jahren einen Absatz von 1000 Maschinen dieses Typs.
Boeing wollte eigentlich ein "New Midsize Aircraft" als Konkurrenz zum A321XLR entwickeln. Weil der Konzern nach zwei Abstürzen jedoch Schwierigkeiten mit der Wiederzulassung seiner 737 Max hat, liegt das Projekt derzeit auf Eis.
Boeings Probleme mit der 737 Max zeigen exemplarisch, was beim Immer-weiter-Optimieren eines Flugzeugs passieren kann: Um neue, spritsparende Triebwerke unter den Jet zu bekommen, mussten diese bei der 737 Max anders als bisher montiert werden und veränderten die Flugeigenschaften zum Nachteil. Eine Automatik sollte dafür sorgen, dass sich die Maschine für Piloten trotzdem ähnlich fliegen lässt wie ihre Vorgängermodelle. Weil bei der Umsetzung dieses MCAS-Systems jedoch geschlampt wurde - unter anderem verließ es sich auf die Daten eines einzigen Sensors und war damit fehleranfällig - kam es zu zwei Abstürzen.
Der Druck, neue Konzepte zu entwickeln, ist hoch
Flugzeughersteller stehen in den kommenden Jahren massiv unter Zugzwang: Sowohl Airbus als auch Boeing werden Modelle vorstellen müssen, mit denen sich der CO2-Ausstoß des Luftfahrtsektors drastisch senken lässt - bei steigenden Fluggastzahlen. Die im Welt-Airlineverband IATA organisierten Fluggesellschaften haben versprochen, dass die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zurückgehen sollen, Bezugsjahr ist 2005. Eine von EU-Kommission und Luft- und Raumfahrtindustrie erarbeitete Strategie ("Flightpath 2050") sieht sogar vor, dass der CO2-Ausstoß bis dahin um 75 Prozent sinken soll, hier basierend auf Zahlen des Jahres 2000.
Es ist fraglich, ob sich solche Marken nur durch Weiterentwicklung aktueller Modelle erreichen lassen. "Airbus glaubt offenbar, auch in 30 Jahren noch Flugzeuge so bauen zu können wie heute: Man nehme eine Röhre, klebe zwei Flügel dran und hänge zwei Motoren drunter - fertig. Aber so wird es nicht mehr laufen" warnte etwa Philippe Petitcolin, Chef des Airbus-Zulieferers Safran, unlängst im "Handelsblatt". Manche Experten mahnen daher zum großen Wurf - auch wenn der vielleicht aussieht wie ein Rochen.