AKW-Störfall in Biblis Greenpeace rügt Umgang mit Reaktor-Panne

AKW-Biblis: Dichtung des inneren Reaktordruckbehälters defekt
Foto: Fredrik Von Erichsen/ dpaWiesbaden - Die Umweltorganisation Greenpeace hat einen nicht gemeldeten Zwischenfall im ältesten deutschen Atomkraftwerk Biblis A angeprangert. Beim Anfahren des Reaktors am 20. Oktober vergangenen Jahres habe eine Dichtung des inneren Reaktordruckbehälters dem Druck nicht standgehalten, berichtete die Organisation am Dienstag unter Berufung auf interne Protokolle. Erst die äußere Deckeldichtung habe ein Leck verhindert.
"Der Reaktordruckbehälter ist das Herzstück des Atomreaktors. Hier darf eine defekte Dichtung nicht ignoriert werden. Ein plötzliches Versagen des Reaktordruckbehälters könnte zu radioaktivem Dampf im Sicherheitsbehälter führen", sagt Heinz Smital, Atomphysiker von Greenpeace. "In der deutschen Atomindustrie ist es jedoch gängige Praxis, Störfälle nicht zu melden und Wirtschaftlichkeit vor Sicherheit zu setzen."
Im Jahr 2010 wurde die Anlage zwei Mal wegen Wartungsarbeiten und Überprüfungen vom Netz genommen. Auch im AKW Philippsburg 2 sind Greenpeace zufolge drei Störfälle bekannt geworden. So soll es unter anderem am 17. Juni vergangenen Jahres durch eine Panne zum Verlust von 280.000 Litern Reaktorwasser im Brennelemente-Becken gekommen sein.
Gegenwärtig bewertet die Reaktorsicherheitskommission (RSK) die Sicherheit deutscher Atomkraftwerke. Sie wird ihren Bericht am kommenden Montag der Ethikkommission vorlegen. Das hessische Umweltministerium bestätigte den Zwischenfall in Biblis A: Es habe im Oktober eine Undichtigkeit bei einem zweistufigen Dichtungssystem des Reaktordruckbehälters gegeben. "Nach der Bundesverordnung ist der Vorfall eindeutig nicht meldepflichtig", sagte ein Ministeriumssprecher.
Auch der TÜV-Nord habe bestätigt, dass der Vorfall ohne sicherheitstechnische Bedeutung gewesen sei. Nach der geltenden Betriebsgenehmigung sei der Weiterbetrieb der Anlage erlaubt gewesen. Der Betreiber RWE wies die von Greenpeace erhobenen Anschuldigungen ebenfalls zurück: Bei der im Anfahrvorgang aufgetretenen geringen Undichtigkeit habe es weder einen Handlungsbedarf gegeben, die Anlage abzufahren noch habe eine Meldepflicht vorgelegen. Die Dichtheit des Reaktordruckgefäßes nach Außen sei zu jeder Zeit gewährleistet gewesen.