Arbeiten an der Atom-Ruine Tepco will Fukushima-Reaktoren im Januar stilllegen

Arbeiten an der Atom-Ruine Fukushima I: Brennelemente müssen noch Monate kühlen
Foto: Tepco/ dpaTokio - In den Augen der japanischen Regierung ist es eine positive Zwischenbilanz: Die Vorbereitungen zur Stilllegung der Atom-Ruine Fukushima I laufen wie geplant. Spätestens im Januar 2012 werde die Betreiberfirma Tepco das AKW abschalten können, ließ die Regierung am Dienstag in Tokio wissen. Dann soll das Uran im Kern der Reaktoren nicht länger das Kühlwasser erhitzen können und ein sogenannter "cold shutdown" erreicht werden können.
Demnach hat Tepco die erste Etappe zur Stabilisierung der stark beschädigten Reaktoren - nämlich die Inbetriebnahme eines provisorischen Kühlungssystems - erfolgreich abgeschlossen. Dies sei beinahe in der gesetzten Frist geschehen, sagte Ministerpräsident Naoto Kan am Dienstag vor dem Parlament. Der Regierungschef, der wegen seines Krisenmanagements heftig kritisiert wurde, versicherte den Abgeordneten, man bewege sich auf das Ende der Krise zu.
"Wir sind dabei, die zweite Etappe zu beginnen", sagte Kan. In den vergangenen Wochen hatte Tepco ein provisorisches Kühlsystem eingerichtet, das es bis Januar ermöglichen soll, die Temperatur in den drei am stärksten beschädigten Reaktoren auf unter 100 Grad Celsius zu senken. Der Betreiber hat zudem eine Anlage zur Dekontaminierung des nuklear verseuchten Kühlwassers in Betrieb genommen. Dies erlaubt es, das gebrauchte Wasser wieder zur Kühlung einzusetzen.
Nach der Abkühlungsphase sieht der Plan vor, mit dem Reinigen der Anlage und dem Entfernen der Brennstäbe zu beginnen. Ein langsamer Prozess: Medienberichten zufolge gehen Tepco und die Regierung davon aus, dass sie erst 2021 die Entnahme der in drei Reaktoren geschmolzenen Brennstäbe starten können. Wirtschaftsminister Banri Kaieda sagte, der Unfall sei noch nicht zu Ende, aber die Bemühungen zur Stabilisierung gingen voran. Insgesamt, so die Schätzung des für die Krisenbewältigung zuständigen Ministers Goshi Hosono, werde die Stilllegung des Kraftwerks mindestens zehn Jahre dauern.
Bis Januar soll dem Regierungsvertreter zufolge auch darüber entschieden werden, ob die in Sicherheit gebrachten rund 80.000 unmittelbaren Nachbarn des Kraftwerks in ihre Häuser zurückkehren können. Das rund 240 Kilometer nördlich von Tokio gelegene Kraftwerk war im März nach einem schweren Erdbeben und einem dadurch ausgelösten Tsunami schwer beschädigt worden. Das verursachte die schwerste Atomkatastrophe seit Tschernobyl im Jahr 1986.
Die Regierung wies unterdessen den Gouverneur der Präfektur Fukushima an, die Lieferung von Rindfleisch an Fleischfabriken zu stoppen, bis die Sicherheit des Fleisches bestätigt werden könne, wie Regierungssprecher Yukio Edano sagte. Die Entscheidung erfolgte, nachdem rund 650 mit kontaminiertem Heu gefütterte Rinder aus Fukushima an Schlachthöfe in ganz Japan geliefert worden waren. Es ist nicht bekannt, ob radioaktiv belastetes Fleisch an Konsumenten verkauft wurde. Die betroffenen Bauern sollen nach Angaben eines Regierungssprechers Entschädigungen bekommen. "Ich fühle die Verantwortung, dies nicht verhindert zu haben, und es tut mir sehr leid", sagte Regierungschef Kan am Dienstag vor dem Parlament.
Laut Nachrichtenagentur Kyodo plant die Regierung zudem, Sicherheitsrichtlinien auszuarbeiten, um die stabile Lage des AKW über einen langen Zeitraum sicherzustellen. In den vergangenen Monaten ist die radioaktive Konzentration um die sechs Reaktoren herum laut Tepco "stetig gesunken". Derzeit liege sie bei maximal 1,7 Millisievert pro Jahr; maximal noch 1 Milliarde Becquerel pro Stunde sickerten derzeit an radioaktiven Substanzen aus der Anlage. Das entspricht laut Kyodo etwa einem Zwei-Millionstel des Niveaus zum Zeitpunkt des Unfalls.
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Tepco plant außerdem, einen unterirdischen "Schutzwall" um die Reaktorgebäude und Turbinengehäuse zu entwerfen. Damit soll verhindert werden, dass kontaminiertes Wasser aus den Gebäuden sickert und ins Grundwasser gelangt, wie Kyodo weiter berichtete. Der Wall werde voraussichtlich 30 Meter bis zu einer Schicht reichen, die kein Wasser absorbiert. Eine der größten Herausforderungen der vergangenen Monate war es, den Massen an hochgradig radioaktivem Wasser Herr zu werden. Millionen Liter Wasser waren in die Anlage gepumpt worden, um die Reaktoren zu kühlen.