Sie galt als "Königin der Lüfte", die Boeing 747. Vor mehr als 50 Jahren startete der erste kommerzielle Flug des Modells. Jetzt endet die Produktion – und damit die Geschichte eines Flugzeugs, das von Beginn an neue Maßstäbe setzte, wortwörtlich.
Marco Evers, DER SPIEGEL:
»Es ist ein Flugzeug, das sich völlig unterscheidet von jedem anderen. Schon die Silhouette, dieser Buckel, diese Breite, diese Größe. Wenn man vor einer Boeing 747 steht, versteht man nicht, warum so etwas fliegen kann. Und das ist etwas, was Leute vom ersten Tag an fasziniert hat an diesem Flugzeug.«
1969 feierte die 747 ihren Jungfernflug. Das Flugzeug war doppelt so groß wie sein Vorgänger, die 707 – auch, weil es eigentlich gar nicht für den Passagierverkehr ausgelegt, sondern als Frachtflugzeug. Deshalb ist das Flugzeug so breit – und deshalb gibt es auch überhaupt nur den charakteristischen Buckel. Die 747 wurde sogar eingesetzt, um Space-Shuttle zu transportieren.
Und trotzdem hatte die Maschine ihre größte Bedeutung für den Passagierverkehr.
Marco Evers, DER SPIEGEL:
»Mit der 747 wurde es zum ersten Mal möglich, dass die Mittelklasse sich Tickets leisten konnte. Millionen Menschen haben die Welt entdeckt, weil es die 747 gab.«
Erstmals gab es zwei Gänge in einem Flugzeug, und zwei Stockwerke. Mehr als 350 Passagiere passten in eine 747. Bei so vielen Kunden konnten sich die Fluggesellschaften es leisten, erschwingliche Tickets anzubieten. Die 747 stand damit für die Demokratisierung des Luftverkehrs, für das Fliegen für alle – und trotzdem auch für Luxus. In der 1. Klasse gab es ausgebaute Lounges, bei PanAm sogar mal eine Piano-Bar.
Marco Evers, DER SPIEGEL:
»Es gab eine Glamour-Zeit und die 747 symbolisiert diese Glamour-Zeit des Fliegens auch. Das war Luxus, den man vielleicht noch aus dem Zeppelin kannte aus den Dreißigerjahren. Und das sind alles Sachen, die gibt es jetzt nicht mehr in der Fliegerei.«
Das Flugzeug war auch immer ein Transportmittel für bedeutende Persönlichkeiten. Papst Johannes Paul II. flog schon 1979 in einer 747. Irans Ajatollah Khomeini kehrte im gleichen Jahr mit einer 747 aus seinem Exil zurück in die Heimat. Verschiedene Staatschefs nutzen das Modell, auch die Air Force One ist schon lange eine 747. Und 2014 kehrte die deutsche Nationalmannschaft in einer 747 als Fußball-Weltmeister aus Brasilien zurück.
Marco Evers, DER SPIEGEL:
»Die 747 ist ein Statusbringer. Sie macht einfach was her. Ich glaube, dem kann sich auch niemand entziehen, man muss kein Flugzeugfan sein, um die 747 anzuschauen und zu sagen: Wow, das ist ja ein Ding. Und das ist ein Flugzeug, wenn man damit auftaucht, beim G8-Gipfel oder so – dann wird es still.«
Das hier ist die 1574. und letzte 747, die Boeing hergestellt hat. Am Dienstagabend wurde sie ausgeliefert. Das Modell ist als Frachtflugzeug ausgerüstet, Atlas Air wird es als Frachtflugzeug für das Logistikunternehmen Kühne & Nagel betreiben.
Auch als Passagierflugzeug ist die 747 weiter im Einsatz, die größte Flotte hat die Lufthansa. Weil die Nachfrage nach viermotorigen Flugzeugen aber nicht mehr groß genug ist, geht die Produktion nun zu Ende.
Marco Evers, DER SPIEGEL:
»Es gibt mittlerweile Flugzeuge, die viel leiser sind, weniger verbrauchen, noch viel weiter fliegen können. Umwelttechnisch macht es keinen Sinn mehr, mit einer 747 herumzufligen. Man kann die gleiche Leistung für weniger Geld bekommen, und sauberer. Aber schön bleibt sie.«