Software-Update So will Boeing die 737 Max sicherer machen

Angle-of-Attack-Sensor am Bug einer Boeing 737 Max
Foto: Stephen Brashear / Getty Images / AFPBoeing will seine zum Stillstand verdammte Flotte von Maschinen des Typs 737 Max 8 mit einem Software-Update wieder flottbekommen. Nun erläutert der Flugzeughersteller seinen Kunden - nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters - die genaue Funktionsweise der Nachbesserung.
Zwei Maschinen des vergleichsweise jungen Flugzeugtyps waren jüngst abgestürzt, 346 Menschen starben. Im Fall des im Oktober in Indonesien verunglückten Jets der Lion Air ist das sogenannte MCAS-System als Ursache identifiziert, die Ermittlungen zu einer 737 Max in Äthiopien laufen noch. Wegen eindeutiger Parallelen gehen aber Experten davon aus, dass auch dort das MCAS-System den Absturz verursacht hat.
Hinter dem Kürzel, das für Maneuvering Characteristics Augmentation System steht, verbirgt sich eine Software, die den Piloten eigentlich unterstützen soll: Weil die aktuellste Version des Boeing-Evergreens 737 wegen ihrer neuen Triebwerke in manchen Flugsituationen dazu neigt, die Nase zu heben, senkt die Software sie ohne das Zutun des Piloten wieder. So soll ein Strömungsabriss und ein Absturz des Jets verhindert werden. (Lesen sie hier die Entstehungsgeschichte der 737 Max 8 )
Künftig nur noch beschränkter Eingriff des Systems
Das von Boeing nun vorgestellte Update dieser Software soll den Eingriff künftig stark beschränken. Bislang konnte das System die Nase der Maschine offenbar wiederholt gen Boden senken - auch wenn die Piloten am Knüppel die Maschine nach oben zogen. Davon zeugen die Flugbahnen der beiden abgestürzten Jets: eine verzweifelte Berg- und Talfahrt - und ein Kampf, den die Piloten am Ende verloren.
Dieses fatale Verhalten der Maschinen wurde allerdings offenbar nicht nur im tatsächlichen Ernstfall - einem drohenden Strömungsabriss - ausgelöst, sondern auch infolge fehlerhafter Daten der beiden sogenannten Angle-of-Attack-Sensoren (AOA), die fortlaufend die Fluglage der Maschine bewerten. Entwickelte das MCAS auf diese Weise sein gefährliches Eigenleben, konnten sich die Piloten nur mit einer kompletten Deaktivierung des Systems behelfen.
Genau das will Boeing mit seinem Software-Update beheben. Künftig soll die automatische Lagekorrektur nicht wiederholt, sondern nur einmalig erfolgen. Damit sollen den Piloten wieder mehr Eingriffsmöglichkeiten gegeben werden.
Zudem soll das System sich bei möglichen Messfehlern selbst deaktivieren. Weichen die Daten der beiden AOA-Sensoren an der Außenhaut des Flugzeugs zu stark voneinander ab, blinkt im Cockpit eine Warnleuchte, und das MCAS wird deaktiviert. Die Warnleuchte bot Boeing bislang bei der Auslieferung nur gegen Aufpreis an, künftig soll sie zur Grundausrüstung des Fliegers gehören.
Bisher bezog sich das MCAS zudem immer nur auf die Daten eines Sensors und ignorierte die Daten des anderen. Ein für die Luftfahrt unübliches Verfahren: Dort gilt aus Sicherheitsgründen das Gesetz der Redundanz, alles muss im Prinzip mindestens doppelt vorhanden sein, um den Ausfall eines Systems ausgleichen zu können.
Derzeit wird das Software-Update von der US-Luftfahrtbehörde FAA geprüft. Erst wenn die ihre Freigabe erteilt, kann es aufgespielt werden und die 737-Max-Flotte wieder starten.