Kernforschungszentrum Cern-Physiker finden bisher unbekanntes Teilchen

Entdeckung am Kernforschungszentrum Cern: Physiker haben mit Hilfe des Teilchenbeschleunigers LHC ein bisher unbekanntes Partikel nachgewiesen. Es gehört zu den Baryonen - und ist ein besonders exotisches Gebilde.
CMS-Detektor am Cern: Neues Teilchen entdeckt

CMS-Detektor am Cern: Neues Teilchen entdeckt

Foto: dapd

Zürich/Genf - Physiker des Kernforschungszentrums Cern haben ein bisher unbekanntes Teilchen entdeckt. Es handelt sich dabei um das erste neue Partikel, das mithilfe des Detektors CMS am Large Hadron Collider (LHC) nachgewiesen wurde. Wie das Cern am Freitag bekanntgab, ist das Teilchen namens "Xi_b^*0" aus drei sogenannten Quarks zusammengesetzt - ähnlich wie Protonen und Neutronen, die Grundbausteine der Atome.

Quarks sind Elementarteilchen, die einen Großteil der bekannten Materie bilden. Zwei der drei Quarks, aus denen "Xi_b^*0" besteht, gehören zu den besonders schweren und instabilen ihrer Art. Partikel aus diesen Komponenten sind rar und können nur in Beschleunigern wie dem LHC nachgewiesen werden.

In der Teilchenphysik werden alle Partikel, die aus je drei Quarks zusammengesetzt sind, als Baryonen bezeichnet. Da es nach gängiger Theorie sechs unterschiedliche Quarks und damit Grundbausteine dieser Teilchen gibt, müssten eigentlich auch zahlreiche unterschiedliche Baryonen existieren. In der Natur finden sich aber nur zwei davon: Protonen und Neutronen, die Bausteine des Atomkerns. Sie bestehen jeweils aus Kombinationen der beiden leichtesten Quarks, des Up- und des Down-Quark.

Die restlichen vier Quarks-Sorten - das Strange-, Bottom-, Charm- und Top-Quark -, sind schwerer. Sie kommen allerdings nur in wenigen bisher bekannten Partikeln vor, die ihrerseits nur künstlich in Teilchenbeschleunigern erzeugt werden können. Sie sind meist nur anhand ihrer Zerfallsprodukte nachweisbar.

Annahmen über Verhalten von Quarks bestätigt

Das neue Baryon besteht aus einem Up-, einem Strange- und einem Bottom-Quark. "Gemäß der Theorie existieren drei mögliche Baryonen mit dieser Zusammensetzung", erklärt Claude Amsler von der Universität Zürich, einer der Leiter der Studie. Nur eines davon sei bisher bekannt gewesen, mit "Xi_b^*0" habe man nun eine weitere Variante nachgewiesen. Das Baryon ist elektrisch neutral und unterscheidet sich in seinem Eigendrehimpuls von der bekannten Variante. Die Masse des Teilchens entspricht etwa der eines Lithium-Atoms, es ist damit relativ schwer.

Die Entdeckung des neuen Teilchens bestätige grundlegende Annahmen über die Bindung und das Verhalten der Quarks, erklären die Physiker. Einen Fachbeitrag über ihre Entdeckung  haben sie beim Fachjournal "High Energy Physics - Experiment" eingereicht.

Die Basis der Arbeit waren Daten des "Compact Muon Solenoid"-Experiments (CMS). Sie stammen aus der Kollision von Protonen, die zwischen April und November 2011 mit der Energie von sieben Teraelektronenvolt (TeV) im Beschleunigerring des LHC aufeinander geschossen wurden. Ernest Aguiló von der Universität Zürich identifizierte in den Messdaten Spuren von Zerfallsprodukten, die darauf hindeuteten, dass bei den Kollisionen kurzzeitig auch"Xi_b^*0"-Teilchen entstanden sein mussten.

Insgesamt entdeckten die Forscher 21 Zerfälle eines Baryons. Dies sei statistisch ausreichend signifikant, um eine Zufallsmessung auszuschließen. "Das ist mehr als fünfmal mehr, als aufgrund rein statistischer Zufälle erwartet werden kann", erläutert Vincenzo Chiochia von der Universität Zürich. Die Messungen seien deshalb sicher genug, um von einer Entdeckung zu sprechen.

mbe/dapd
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