Hospitalschiff im Pandemie-Einsatz New Yorks größter Helfer

Die USNS "Comfort" des US-Militärs soll der schwer betroffenen Stadt New York in der Coronakrise Entlastung bringen. Die Kapazitäten des Sanitätsschiffs sind außergewöhnlich.
Die USNS "Comfort": Das Schiff soll die Krankenhäuser New Yorks entlasten

Die USNS "Comfort": Das Schiff soll die Krankenhäuser New Yorks entlasten

Foto:

KEVIN LAMARQUE/ REUTERS

Die Menschen in New Yorks Stadtteil Hell's Kitchen sind den Anblick dicker Pötte gewohnt. Am Ufer des Hudson River machen hier regelmäßig Kreuzfahrtriesen aus aller Welt fest. Trotzdem drängten sich am Montagmorgen zahlreiche Schaulustige auf Höhe der West 51st Street.

Für diesen Moment scherte sich die Menge nicht um die Abstandsregeln. Denn die Menschen wollten den Blick auf ein ganz besonderes Schiff erhaschen , das in den nächsten Wochen am Pier 90 des Manhattan Cruise Terminal liegen wird: die USNS "Comfort". Zusammen mit ihrem Schwesterschiff USNS "Mercy" trägt sie den Titel des größten schwimmenden Hospitals der Welt.

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Comfort bedeutet Trost, und den soll der weiße, mit riesigen roten Kreuzen versehene Riese - gut 270 Meter ist das Schiff lang, jeweils rund 30 Meter breit und hoch – New York nun spenden. Die rund tausend medizinischen Fachkräfte an Bord sind gekommen, um das wegen der Corona-Epidemie massiv geforderte Personal  in den anderen Krankenhäusern zu entlasten. In der Stadt New York haben sich - Stand Montag  - offiziell mehr als 36.000 Menschen mit dem Sars-CoV-2-Erreger infiziert, bereits 790 sind gestorben.

"Unsere Nation hat unsere Bitte um Hilfe hier in New York City gehört", so Bürgermeister Bill de Blasio bei der Begrüßung der "Comfort", die vom US-Marinestützpunkt Norfolk in Virginia in die Stadt kam. Die "Mercy", also Gnade, liegt derweil in Los Angeles, um das Gesundheitssystem an der Westküste zu unterstützen.

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Zwölf Operationssäle stehen zur Verfügung

Die Schwesterschiffe sind voll funktionierende Großkrankenhäuser, die eigentlich im Kampf verletzte Angehörige des US-Militärs versorgen sollen. Statt der Offensivwaffen herkömmlicher Kriegsschiffe verfügt die "Comfort" über nicht weniger als zwölf Operationssäle. Auf dem offenen Meer ist die Arbeit für die Chirurgen herausfordernd, obwohl die spezielle Rumpfform des Schiffes für möglichst wenig Bewegung in den Wellen sorgen soll. In den ruhigen Wassern des Hudson Rivers sollte das ohnehin kein Problem sein.

Für schwer verletzte und frisch operierte Patienten stehen 80 Intensivbetten und 20 weitere auf einer Aufwachstation zur Verfügung. Dazu kommen in fensterlosen Räumen 400 weitere Betten für die mittlere und leichte Pflege sowie 500 für die "eingeschränkte Pflege", letztere teilweise in Form von Etagenbetten.

Personal an Bord der "USNS Comfort": Intensivbetten für 80 Patienten

Personal an Bord der "USNS Comfort": Intensivbetten für 80 Patienten

Foto: SARA ESHLEMAN/ AFP

An Bord des Schiffes gibt es auch eine komplett eingerichtete Radiologie mit vier Röntgenapparaten und einem Computertomografen, ein Labor, eine Augen- und eine Zahnklinik, eine Kühlung für bis zu 5000 Blutkonserven, eine Wäscherei und eine Leichenhalle. Vier Meerwasserentsalzungsanlagen können rund 1100 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag erzeugen. Zwei Elektrolyseapparate produzieren Sauerstoff für Beatmungspatienten.

Zur Anlieferung von Verletzten dient ein Heliport, auf dem auch größere Kampfhubschrauber wie der CH-53 Sea Stallion, der CH-53E Super Stallion oder der UH-60 Black Hawk landen können.

Erstes Leben als Öltanker

Die beiden Krankenhausschiffe "Comfort" und "Mercy" sind eigentlich umgebaute Supertanker. Mitte der Siebziger wurden sie zusammen mit fast einem Dutzend gleich großer Schiffe der sogenannten San-Clemente-Klasse von der National Steel and Shipbuilding Company im kalifornischen San Diego gebaut. Ihre Aufgabe: Öl aus dem Trans-Alaska-Pipeline-System nach Süden bringen. Nach zehn Jahren im Einsatz kaufte die US-Marine die SS "Rose City" und die SS "Worth" und ließ sie auf der Bauwerft für weltweite Krankeneinsätze umrüsten.

Die Schotten aus ihrem ersten Leben als Öltanker sind allerdings bis heute vorhanden, neue Luken wurden kaum nachgerüstet. Das macht die Verlegung von Patienten an Bord kompliziert . Statt sie horizontal im Schiff zu bewegen, müssen sie oft erst nach oben auf Deckniveau und dann an anderer Stelle wieder nach unten gebracht werden.

Einsatz im Persischen Golf (2003): Verwundete US-Soldaten an Bord der USNS "Comfort"

Einsatz im Persischen Golf (2003): Verwundete US-Soldaten an Bord der USNS "Comfort"

Foto: DUSAN VRANIC/ AP

Seit ihrer Indienststellung waren die Krankenhausschiffe weltweit im Einsatz, die "Comfort" zum Beispiel 1990/91 im ersten Irakkrieg, 2002/03 im zweiten Irakkrieg, 2010 nach dem schweren Erdbeben in Haiti oder 2018, um vor der Küste von Venezuela Flüchtlinge zu behandeln. Doch auch in den USA selbst absolvierte das Schiff mehrere Missionen, etwa nachdem 2005 der Hurrikan "Katrina" die Küste des Golfs von Mexiko verwüstet hatte. Auch in New York liegt das Schiff nicht zum ersten Mal, nach den Attentaten vom 11. September wurden an Bord vor allem Angehörige des Hilfs- und Rettungspersonals der Stadt betreut.

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Nun ist die "Comfort" also wieder zurück. In der Coronakrise sollen an Bord allerdings dezidiert keine Covid-19-Patienten betreut werden. Zu groß erscheint den Verantwortlichen die Ansteckungsgefahr auf engstem Raum. In den vergangenen Wochen haben mehrere Fälle von Kreuzfahrtschiffen gezeigt, wie schnell und weitreichend sich das Virus unter solchen Bedingungen verbreiten kann

Im Fall eines bewaffneten Konflikts sind die Krankenhausschiffe dafür ausgelegt, eine größere Menge schwer verletzter Soldaten mit Kriegstraumata zu versorgen. Die Betten stehen dicht an dicht. Spezielle Isolierstationen für infektiöse Patienten gibt es an Bord nicht.

Man werde "eine Blase um das Schiff herum erzeugen", um den Sars-CoV-2-Erreger fernzuhalten, sagt Joseph O'Brien, der Chef des New-York-Einsatzes der "Comfort". Die Crew, so berichtet die "New York Times" , wurde in den vergangenen zwei Wochen so gut wie möglich isoliert. Die Hygienemaßnahmen an Bord wurden verschärft, so sind gemeinschaftliche Sporträume gesperrt. Die Crew darf das Schiff während des Aufenthaltes in New York auch nicht verlassen, zu hoch ist das Infektionsrisiko.

Mit Temperaturchecks und Computertomografien sollen Patienten auf Symptome von Covid-19 getestet werden. Eine eingeschleppte Infektion wäre fatal für den gesamten Einsatz.

Einstweilen setzt man in New York aber große Hoffnung auf die "Comfort". "Im Namen aller 19 Millionen New Yorker sind wir sehr dankbar für das, was die Menschen dieser Nation für uns getan haben, und wir werden uns dafür revanchieren", so Gouverneur Andrew Cuomo zur Begrüßung des Schiffes. Er forderte Pflegekräfte aus dem gesamten Land auf, in der Stadt auszuhelfen. Gleichzeitig ist klar, dass es weitere Betten für Patienten braucht. Dafür wird gerade am Kongresszentrum Jacob-Javits-Center, nur gut zehn Blocks entfernt vom Kreuzfahrtterminal, ein Behelfskrankenhaus errichtet. Auch im Central Park werden Zelte aufgestellt.

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