"Donner-Generator" Druckwellenkanone soll Menschen vertreiben

"Thunder Generator": Donner aus der Röhre
Wenn Sicherheitskräfte gegen Menschenmassen vorgehen, kommt es immer wieder zu tragischen Folgen: Mal werden Polizisten verletzt oder getötet, mal sterben Menschen, die eigentlich nur festgenommen oder vertrieben werden sollten. Nicht selten liegt das daran, dass keine passenden Waffen zur Verfügung stehen: Polizisten etwa haben im Ernstfall oft nur die Wahl zwischen Schlagstock oder Pistole.
Seit Jahren tüfteln Ingenieure an Waffen, die weder den Ordnungshüter noch sein Gegenüber gefährden. Doch ob Gummigeschosse, Tränengas, Mikrowellen oder Taser - eine unumstrittene Lösung gibt es nicht. Jetzt hat eine israelische Firma ein neues Gerät konstruiert: den "Donner-Generator". Er soll Menschen mit Höllenlärm und Druckwellen vertreiben. "Jeder innerhalb von 30 bis 50 Metern hat das Gefühl, vor einem Erschießungskommando zu stehen", sagt Igor Fridman, Präsident der israelischen Firma PDT Agro, die das System ursprünglich entwickelt hat. "Man fühlt und hört den Knall, aber wird nicht zu Boden geworfen. Man kann unverletzt weglaufen."
Ursprünglich sollte der Knallgenerator gefräßige Vögel von Feldern verscheuchen. Doch inzwischen hat auch die Rüstungsfirma Armytec mit Sitz im israelischen Netanja von der Sache Wind bekommen - und will militärische und paramilitärische Versionen der Schall-Scheuche auf den Markt bringen. Eine entsprechende Lizenz hat das israelische Verteidigungsministerium bereits erteilt, wie der Branchendienst "DefenseNews" berichtet.
Stoßwelle erreicht 2000 Meter pro Sekunde
Ob die Kanone tatsächlich ungefährlich ist, dürfte zumindest fraglich sein. Als Munition dient eine Mischung aus Propan, Butan und Luft. Auf dem Weg durch den Lauf der Kanone wird sie zur Explosion gebracht, kontrolliert von einer kleinen, batteriebetriebenen Steuereinheit. Das Ergebnis ist nach Angaben von Armytec eine Stoßwelle, die einem Überschallknall ähnelt, sich mit rund 2000 Metern pro Sekunde ausbreitet und bis zu 300 Millisekunden dauert. Pro Minute könne die Kanone 60 bis 100 Stoßwellen abgeben.
Ob das realistisch ist, bleibt offen. In einem Video auf der Armytec-Website ist der "Donner-Generator" in Aktion zu sehen. Von 60 bis 100 Stoßwellen kann keine Rede sein, und auch der Effekt ist optisch wenig beeindruckend. Erst nach mehreren Versuchen gelingt es, einen leeren Pappkarton aus einer Entfernung von rund zwei Metern von einem Tisch zu pusten.
Die Wirkung soll allerdings mit der Größe der Waffe wachsen. Eine Variante mit einem Rohrdurchmesser von rund 13 Zentimetern, die man Vertretern von Israels Armee und Polizei demonstriert habe, besitze eine Reichweite von 30 bis 50 Metern. Sogar 100 Meter seien bei weiteren Vergrößerungen vorstellbar. Nur ist das Gerät dann keinesfalls mehr ungefährlich. "DefenseNews" zitiert Fridman mit der Aussage, dass der "Donner-Generator" auf eine Entfernung von weniger als zehn Metern tödlich sein könnte.
Starke Stoß- oder Druckwellen können zu schweren inneren Verletzungen führen: Luftgefüllte Körperteile wie Lunge, Ohren und Därme können ebenso Schaden nehmen wie solche, die von Flüssigkeit umgeben sind - etwa Gehirn und Rückenmark. Harte Oberflächen in der Nähe der Detonation können deren Wirkung vervielfachen. Auch andere Faktoren wie die Zahl der Stoßwellen, der zeitliche Abstand zwischen ihnen, ihre Dauer und Resonanzeffekte beeinflussen die Wirkung auf den menschlichen Körper.
"Besonders geeignet für die urbane Kriegführung"
Die ArmyTec-Techniker glauben dennoch, das Problem im Griff zu haben: Tests hätten aber ergeben, dass die Stoßwellen bei einer Distanz von mehr als 30 Metern Menschen und Objekte durchlaufen, ohne Schäden zu verursachen. Mit Hilfe unterschiedlicher Bauweisen, unter anderem mit Hilfe mehrerer oder gebogener Läufe, könne man sogar 90 Grad um die Ecke schießen. "Das Potential für mögliche Anwendungen ist unerschöpflich", heißt es in der ArmyTec-Werbung. Die Knallkanone sei "besonders geeignet für die urbane Kriegführung". Interessant ist, dass die Firma darunter neben dem Nahkampf auch die Auflösung von Demonstrationen versteht.
Das israelische Verteidigungsministerium bremst die Euphorie der Hersteller indes: Ein Beamter in der dortigen Entwicklungsabteilung betonte, dass vor einem Einsatz nicht-tödlicher Waffen zunächst umfangreiche Daten über mögliche physiologische Nebenwirkungen gesammelt werden müssten.
Fridman betont, dass der "Donner-Generator" nicht nur wirkungsvoll, sondern auch billig und umweltfreundlich sei: "Alles passiert auf kontrolliert und sichere Art mit dem billigsten und saubersten Kraftstoff, den es gibt." Ein Zwölf-Kilo-Behälter mit Flüssiggas koste etwa 25 Dollar (18 Euro) und reiche für 5000 Schuss. "Das", meint Armytec-Präsident Shlomo Tabak, "ist mehr als genug für stundenlangen pausenlosen Einsatz."