Bielersee Behörden verschwiegen Radioaktivität

AKW Mühleberg, Schweiz: Quelle der erhöhten Strahlung?
Foto: FABRICE COFFRINI/ AFPHamburg/Zürich - Im Bielersee nahe dem Kernkraftwerk Mühleberg in der Schweiz ist nach einem Bericht der Schweizer "Sonntagszeitung" um das Jahr 2000 herum eine erhöhte radioaktive Belastung festgestellt worden - ohne dass die Öffentlichkeit darüber informiert wurde.
Wissenschaftler wiesen bei ihren Messungen damals ungewöhnlich hohe Werte für Cäsium nach, wie die Zeitung unter Berufung auf eine Studie von Genfer Geologen berichtete . Der Bielersee dient als Trinkwasserquelle: 70 Prozent des Trinkwassers in Biel stamme aus dem Gewässer. Dennoch geben Experten Entwarnung: Es habe keine Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung bestanden.
Für die erhöhten Messwerte dürfte der Studie zufolge das etwa 17 Kilometer westlich von Bern gelegene Atomkraftwerk Mühleberg verantwortlich sein. Von dort aus fließt in geringen Mengen radioaktives Reinigungswasser in die Aare, das dann anschließend in den See gelangen kann.
Umweltaktivisten fordern Ermittlungen
Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit bestätigte diese Einschätzung grundsätzlich. Die genauen Umstände seien im Nachhinein aber nicht mehr herauszufinden. Aus gesundheitlicher Sicht seien die Werte nicht alarmierend gewesen. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) und der Betreiber der Anlage verwiesen darauf, dass die Grenzwerte nicht überschritten worden seien.
Politiker und Umweltaktivisten reagierten dennoch empört auf den Bericht. Niemand habe ihn über die ungewöhnlich hohe Cäsium-Konzentration informiert, sagte der langjährige Bürgermeister der Stadt Biel, Hans Stöckli, der Zeitung "Le Matin Dimanche". Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte, dass das Ensi die Öffentlichkeit nicht über die erhöhte radioaktive Belastung informierte und forderte die Staatsanwaltschaft auf, Ermittlungen einzuleiten.
Bislang habe das Ensi keine klaren Bestimmungen erlassen, in welchen Fällen die Trinkwasserentnahme gestoppt werde, berichtet die "Sonntagszeitung". Notfallpläne würden derzeit überarbeitet. Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit habe mitgeteilt, man habe "das Manko erkannt" - ein kontinuierliches Überwachungssystem sei nötig.