
Ölpest 1989: Die Katastrophe der "Exxon Valdez"
Ölkatastrophe Das dunkle Erbe der "Exxon Valdez"
"Wir verlieren offenbar Öl und wir werden hier für eine Weile festsitzen", funkte "Exxon Valdez"-Kapitän Joseph Hazelwood am frühen Morgen des Karfreitags 1989 an die Küstenwache. Wenige Minuten nach Mitternacht hatte sein Öltanker "Exxon Valdez" ein Riff im Prinz-William-Sund vor Alaska gerammt. Knapp 42 Millionen Liter Rohöl verseuchten die südliche Küste des US-Bundesstaates, geschätzte 250.000 Seevögel und Tausende weitere Tiere wie Wale und Seeotter verendeten in der schwarzbraunen Brühe.
"Bis heute gibt es viel Verbitterung", sagt Steve Rothchild vom Regional Citizens' Advisory Council, einer Bürgerinitiative zur Überwachung der Ölindustrie im Prinz-William-Sund. Vor allem richte sich der Unmut gegen den US-Ölkonzern Exxon, der nach einer Fusion mittlerweile den Namen ExxonMobile trägt. "Exxon hat zugesagt, den Schaden voll wieder gutzumachen", sagt Rothchild. "Als das Gerichtsverfahren endlich gelaufen war, haben die Leute Pennys statt der Dollar bekommen, die ihnen wirklich zustanden."
Nach der Ölkatastrophe brach die Fischereiwirtschaft im Prinz-William-Sund zusammen. Selbst 25 Jahre später haben sich die Bestände an Hering und Lachs noch nicht erholt, andere Arten dürfen nur eingeschränkt gefangen werden. "Es hat die Gemeinden wirklich hart getroffen", sagt Angela Day, deren Ehemann einst in der Kleinstadt Cordova eine Fischerei betrieb.
Öl unterm Strand
Ein endgültiges Urteil fällte der Oberste Gerichtshof in Washington erst im Juni 2008 - und reduzierte die ursprüngliche Schadensersatzsumme von fünf Milliarden Dollar auf 500 Millionen Dollar. Die Entschädigung habe die Verluste der Fischer bei weitem nicht ausgleichen können, sagt Day.
Auf mehr als 2000 Kilometern Länge traf der Ölteppich damals auf die Küste Alaskas, einige Strände sind trotz der zwei Milliarden Dollar teuren Aufräumarbeiten noch immer verschmutzt. "Wenn man ein 30 Zentimeter tiefes Loch gräbt, kann man auf flüssiges dunkles Öl stoßen", sagt Jeep Rice, der sich als Forscher an der US-Ozeanografiebehörde NOAA lange mit der "Exxon Valdez"-Katastrophe befasste. Unter der Erde werde das Öl nur sehr langsam abgebaut. "In 50 Jahren wird da wahrscheinlich immer noch Öl sein", vermutet Rice.
Das Unglück der "Exxon Valdez" hat Änderungen provoziert im Schiffsverkehr. Der Leiter des Havariekommandos in Cuxhaven, Hans-Werner Monsees , erläutert im Interview, was sich getan hat:
Frage: Was bedeutet das Unglück der "Exxon Valdez" heute?
Monsees: Die wichtigste Konsequenz aus der Havarie der "Exxon Valdez" war in den USA die Verabschiedung des Oil Pollution Acts im Jahre 1990 (OPA 90). Demnach müssen Tankerneubauten, die nach 1994 in US-amerikanischen Gewässern betrieben werden, über Doppelhüllen verfügen. Es muss eine Vorsorgeplanung für Ölunfälle geben, die Bekämpfungskapazitäten in den USA wurden verstärkt und die Haftungsgrenzen bei Ölunfällen erhöht. Außerdem wurde festgelegt, dass Tanker den Prinz-William-Sund, in dem die "Exxon Valdez" havarierte, nur noch in Schlepperbegleitung passieren dürfen.
Frage: Welche Lehren wurden international gezogen?
Monsees: Für Europa kann man sagen, dass man sich hier schon vor dem Unglück der "Exxon Valdez" mit Ölunfällen auf See beschäftigt hat. Die Havarie des Tankers "Torrey Canyon" am Seven Stones Riff südwestlich von England 1967 wurde zum Ausgangspunkt des "Übereinkommens zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Verschmutzung der Nordsee durch Öl und andere Schadstoffe", besser bekannt als Bonn-Übereinkommen.
Frage: Und was hat sich für die Ostsee verändert?
Monsees: Ein ähnliches Abkommen, die Helsinki Konvention, wurde 1974 für die Ostsee geschlossen. Es wurden Regeln für Nord- und Ostsee festgelegt, in denen die Bekämpfung von Schadstoffunfällen und die Überwachung von Meeresgebieten aus der Luft festgelegt sind. In beiden Meeresgebieten werden die Bekämpfungsstrategien jährlich mit allen Anrainerstaaten geübt.
Frage: Wie sind die deutschen Küsten vor Katastrophen geschützt?
Monsees: Zur Vermeidung von Schiffsunfällen gibt es unter anderem Verkehrstrennungsgebiete, Verkehrsüberwachung und Lotsenpflicht. Die Bekämpfung von großen Ölverschmutzungen wird rund 160-mal pro Jahr trainiert. Deutschland ist dafür ausgerüstet, 15.000 Kubikmeter auslaufendes Schweröl innerhalb von 14 bis 48 Stunden zu bekämpfen. Deutschland hat seit 1977 mehr als 400 Millionen Euro für Ölbekämpfungsschiffe und -gerät, für Überwachungsflugzeuge, Sensitivitätskarten und Forschung ausgegeben.