Todesfalle Fledermäuse verwechseln Windräder mit Bäumen

Windkraftanlage in Brandenburg: Bei Windstille fliegen Fledermäuse von allen Seiten heran, bei stärkerem Wind bevorzugen sie den Windschatten
Foto: Patrick Pleul/ picture alliance / dpaHamburg/Fort Collins - Windräder werden womöglich auch deshalb so häufig zu tödlichen Fallen für Fledermäuse, weil die Luftströmungen um sie herum denen großer Bäume ähneln. Darauf deuten Ergebnisse eines Forschungsteams um Paul Cryan vom U.S. Geological Survey in Fort Collins (US-Staat Colorado) hin.
Meist näherten sich die Fledermäuse von der Windschattenseite einer Windkraftanlage - vermutlich in der Hoffnung, Futter oder einen Schlafplatz zu finden. Fledermäuse, die in Bäumen schlafen, würden besonders häufig Opfer von Windradrotoren, schreiben die Wissenschaftler im Wissenschaftsmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" .

Im Fokus der Wärmekamera
Foto: Paul CryanCryan und seine Kollegen hatten drei Windräder im US-Bundesstaat Indiana für mehr als zwei Monate im Sommer und frühen Herbst überwacht. Sie verwendeten Wärmebildkameras, akustische Aufzeichnungen und Radar. In dieser Zeit konnten sie knapp tausend Annäherungen von Fledermäusen beobachten. 88 Prozent davon identifizierten die Forscher als aktives Anfliegen der Anlagen.
Dabei orientieren sich die Tiere offenbar auch mit ihren Augen: In mondhellen Nächten registrierten die Wissenschaftler deutlich mehr Fledermäuse an den Windrädern als in dunklen Nächten.
Wichtiger aber scheint die Windströmung zu sein. Bei Windstille fliegen die Tiere von allen Seiten heran, während sie bei stärkerem Wind zunehmend die Windschattenseite bevorzugen. In dieser Zone sind laut Cryan und Kollegen häufig auch viele Insekten zu finden, die den Fledermäusen als Futter dienen.
Alarmierende Stichproben
Das Verhalten der Fledermäuse unterschied sich je nachdem, ob die Rotoren sich drehten oder nicht. Wenn die Windgeschwindigkeit von null auf 28,8 Kilometer pro Stunde stieg, der Rotor aber blockiert war, flogen zunehmend mehr Tiere über die Windschattenseite heran. Drehte sich hingegen das Windrad, näherten sich mit stärkerer Luftbewegung immer weniger Fledermäuse über den Windschattenkorridor.
Cryan und sein Team vermuten, dass die schnelleren Rotorbewegungen Luftwirbel erzeugen, die es bei einem großen Baum nicht gibt. Aus diesem Grund seien sich langsam drehende Rotorblätter am gefährlichsten für Fledermäuse, weil die Luftströmungen um große Bäume herum sehr ähnlich seien. Windstöße könnten die Drehgeschwindigkeit der Rotoren schnell erhöhen und die Windräder zu einer tödlichen Falle werden lassen.
Im Beobachtungszeitraum starben an den drei Windrädern zwölf Fledermäuse. Die Fallzahl sei zu gering, um daraus sichere Erkenntnisse abzuleiten, so Cryan und Kollegen. Größere Stichproben hatten Behörden bereits alarmiert: Eine Viertelmillion Fledermäuse könnten demnach pro Jahr in Deutschland durch Windräder zu Tode kommen.

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Aufgrund ihrer Beobachtungen schlagen Cryan und seine Kollegen vor, die Windgeschwindigkeit, ab der die Windräder rotieren, höher anzusetzen. Dadurch würden die gefährlichen Schwachwindphasen vermieden. Eine andere Möglichkeit sei die Beleuchtung der Windräder. Laut einer anderen Studie gibt es weniger tote Fledermäuse unter Windrädern, die mit einem roten Blinklicht zur Warnung von Flugzeugen ausgestattet sind.