Probleme mit Druckwasserreaktor Frankreich verzichtet vorerst auf Bau neuer Atomkraftwerke

Frankreich bezieht weltweit den höchsten Anteil seines Stroms aus Atomkraft - und lässt sich Zeit mit dem Ausstieg aus der Kernenergie (im Bild das AKW Tricastin, Archivfoto)
Foto: FRED DUFOUR/ AFPFrankreich verzichtet vorerst auf den Bau neuer Atomreaktoren: Umweltministerin Elisabeth Borne kündigte am Mittwochabend bei einer Anhörung in der Pariser Nationalversammlung an, die Entscheidung sei auf frühestens Ende 2022 verschoben. Das ist nach der ersten Amtszeit von Präsident Emmanuel Macron. Bis dahin soll nach ihren Worten auch ein Umstieg auf erneuerbare Energien geprüft werden.
Erst im Oktober war durch einen Medienbericht bekannt geworden, dass das Land den Bau von sechs Atomreaktoren plant. Dass das Projekt nun erst einmal nicht weiterverfolgt wird, liegt offenbar an Problemen im nordfranzösischen Atomkraftwerk Flamanville. Die Regierung will nach den Worten der Umweltministerin warten, bis der neue Druckwasserreaktor des AKWs in Betrieb geht. Wegen Baumängeln und massiver Sicherheitsbedenken der Atomaufsicht hatte sich das Projekt immer weiter verzögert.
Szenario mit erneuerbaren Quellen vorstellbar
Der Reaktor in Flamanville kann laut dem Betreiber EDF frühestens Ende 2022 in Betrieb gehen, zehn Jahre nach dem ursprünglich geplanten Betriebsstart. Ein Expertenbericht hatte das einstige Prestigeprojekt kürzlich als "Misserfolg" bezeichnet. Ursprünglich hatte die Regierung geplant, den Reaktortyp aus Flamanville auch in den neuen Projekten einzusetzen.
Nicht ausgeschlossen sei auch ein Szenario, das langfristig "Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen" vorsehe, sagte Borne. All diese Modelle müssten eingehend geprüft werden, um dann eine "rationale Entscheidung" fällen zu können, betonte die Umweltministerin.
Frankreich bezieht rund drei Viertel seines Stromverbrauchs aus der Atomenergie, das ist der höchste Anteil weltweit. Am 22. Februar wird begonnen, das älteste französische Atomkraftwerk in Fessenheim unweit von Freiburg im Breisgau abzuschalten. Darauf hatte Deutschland wegen Pannen jahrelang gedrungen. Der zweite Reaktor soll Ende Juni endgültig vom Netz gehen.