Fukushima Regierung wusste früh von drohender Kernschmelze

Gerade mal vier Stunden nach dem Tsunami im März 2011 diskutierte der japanische Krisenstab die Gefahr einer Kernschmelze in Fukushima - das beweist ein nun veröffentlichtes Protokoll des Treffens. Offiziell dauerte es mehrere Monate, bis die Regierung die Atom-Katastrophe bestätigte.
Experten auf dem Tepco-Gelände: Japanische Regierung wusste früh von den Gefahren

Experten auf dem Tepco-Gelände: Japanische Regierung wusste früh von den Gefahren

Foto: POOL/ REUTERS

"Wenn die Temperatur des Reaktorkerns acht Stunden lang steigt, besteht die Möglichkeit, dass sich eine Kernschmelze ereignet", sagte ein namentlich nicht genannter Teilnehmer des ersten Treffens des Krisenstabs in Fukushima. Die Sitzung, geleitet durch den damaligen Regierungschef Naoto Kan, fand bereits vier Stunden nach dem Erdbeben vom 11. März 2011 statt.

Das Protokoll beweist, wie früh die japanische Regierung von der drohenden Kernschmelze in Fukushima wusste. Offiziell bestätigt hatten Politik und der Kraftwerksbetreiber Tepco ihren frühen Verdacht bislang nicht. Stattdessen räumten die Verantwortlichen erst Mitte Mai 2011, also zwei Monate nach Beginn der Katastrophe ein, dass es in drei von sechs Reaktoren zur Kernschmelze gekommen war. Experten hatten dies schon länger vermutet.

Der damalige Regierungssprecher Yukio Edano entschuldigte sich nun für das lange Schweigen der Regierung: "Ich nehme die Kritik, dass ich Ihnen nichts über die Möglichkeit einer Kernschmelze sagen konnte, demütig entgegen", sagte der heutige Wirtschaftsminister vor Journalisten.


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Am Sonntag ist der erste Jahrestag des Unglücks, das durch ein Erdbeben und einen darauffolgenden Tsunami ausgelöst wurde. Bis zu 15 Meter hohe Flutwellen verwüsteten vor einem Jahr japanische Städte und Dörfer. 115.000 Gebäude entlang eines 400 Kilometer langen Küstenstreifens wurden vollständig zerstört. Mehr als 340.000 Menschen mussten in Folge der Katastrophe ihre Heimat verlassen. Allein gut 87.000 Menschen flohen vor der Gefahr einer Verstrahlung durch das vom Tsunami zerstörte Atomkraftwerk Fukushima Daiichi.

Weite Gebiete nahe der Atomruine sind so verstrahlt, dass eine Rückkehr der Menschen als höchst ungewiss gilt. In drei Reaktoren des Atomkraftwerks war es nach Erdbeben und Tsunami zu Kernschmelzen gekommen; Radioaktivität wurde massiv freigesetzt. Es dauerte Monate, ehe die japanische Regierung den Super-GAU zugab.

Inzwischen haben die Reaktoren nach Darstellung der Regierung einen Zustand der Kaltabschaltung erreicht und sind unter Kontrolle. Frühestens in zehn Jahren kann damit begonnen worden, sie zu entkernen.

nik/dpa/afp
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