Waffen für die Ukraine Das kann der Flakpanzer Gepard

Flakpanzer Gepard auf dem Truppenübungsplatz Munster in der Lüneburger Heide (Aufnahme von 2009)
Foto: Maurizio Gambarini / dpaDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Nun also der Gepard. Wochenlang wurde über eine mögliche Lieferung deutscher Panzer wie Leopard oder zuletzt vor allem Marder an die Ukraine gestritten. Nun überraschte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) zum Treffen ihrer Nato-Kollegen auf der US-Luftwaffenbasis Ramstein mit einem anderen Angebot: Die Bundesregierung bewillige den Export gebrauchter Flugabwehrpanzer des Typs Gepard.
Es ist ein Modell aus der Hochzeit des Kalten Kriegs. Gedacht sind die Geparden, um in zweiter Reihe hinter Kampf- und Schützenpanzern zu fahren und sie mit Flugabwehrkanonen (kurz Flak) gegen Beschuss aus der Luft zu decken. Je zwei Maschinenkanonen für 35-Millimeter-Geschosse sind auf jedem dieser Kettenfahrzeuge angebracht, die auf der Wanne des Kampfpanzers Leopard 1 aufbauen. Vor allem gegen Tiefflieger und gepanzerte Kampfhubschrauber sowjetischer Bauart sollte sich der Gepard richten, kann aber auch Bodenziele angreifen. Das System kann in bis zu sechs Kilometer Entfernung Ziele treffen.
Benannt ist die Waffe nach dem schnellsten Landtier der Erde, kann mit dessen Tempo aber nicht ganz mithalten: Hersteller Krauss-Maffei Wegmann (KMW) gibt die Höchstgeschwindigkeit mit 65 Kilometer pro Stunde an, während ein echter Gepard schätzungsweise bis zu 128 Kilometer pro Stunde rennen kann. Der muss aber auch nicht bei jedem Wetter und in schwierigem Gelände 47,5 Tonnen Gewicht bewegen.
Die inzwischen zum europäischen KNDS-Konzern gehörende Firma KMW beschreibt den Gepard mit einer »unübertroffen hohen Reaktionsfähigkeit bei der Tieffliegerabwehr« . Die ballistischen Geschosse könnten nicht durch elektronische Abwehrmaßnahmen gestört werden. Auch eine Drohnenbekämpfung sei möglich.
Deutsche Heeresflugabwehr ist Geschichte
In der Bundeswehr, die das Gepard-System 1965 anforderte und 420 der 570 bisher gebauten Flakpanzer erhielt, ist diese Waffengattung allerdings seit einem Jahrzehnt komplett ausgesondert, bei den Nato-Partnern Belgien und Niederlande noch länger.
Zwar bekamen die Gepard-Panzer auch nach Ende des Kalten Kriegs noch neue Ausrüstung wie Laser zur Entfernungsmessung, das Nachfolgeprojekt Gepard 2 wurde jedoch 1992 als zu teuer gestoppt. Mit dem letzten Gepard wurde 2012 auch die deutsche Heeresflugabwehrtruppe eingestellt. Der Gepard galt als besonders aufwendig zu warten und vor allem als die Waffengattung mit der längsten Ausbildungszeit in der Bundeswehr. Neben den Geschossen muss die Besatzung vor allem das komplexe Radarsystem und andere Aufklärungsgeräte beherrschen.
Ein Großteil der in den Siebzigerjahren zum Stückpreis von damals sieben Millionen D-Mark angeschafften Panzer dürfte noch in deutschen Beständen lagern. In den Neunzigerjahren wurden 43 Geparden dem damaligen Nato-Beitrittskandidaten Rumänien geschenkt, heute die einzige Nato-Armee mit dem System im Einsatz. In der rot-grünen Koalition blockierte Außenminister Joschka Fischer (Grüne) die Weitergabe der Waffen an Staaten wie Nigeria oder Ägypten, die nicht zu Nato oder EU gehören. Später wurden aber doch noch 37 Geparden an Brasilien verkauft, 2020 bewilligte die Große Koalition den Export von 15 Exemplaren nach Katar. Die niederländischen Geparden gingen vor allem nach Jordanien.
Die Schweiz könnte noch mitreden
Was kann die Ukraine mit den Flakpanzern anfangen? Die ukrainische Armee verfügt bereits über leistungsfähige stationäre Flugabwehrsysteme für große Höhen aus der Sowjetunion wie S300 und Buk, dem Gepard vergleichbar ist der Flakpanzer Tunguska. Die Erfahrung damit könnte die nötige Schulungszeit, um das System zu bedienen, verkürzen. Als größtes Problem bliebe dann aber immer noch, die Informationstechnik anzugleichen. Die Geparden sind auch auf die Freund-Feind-Erkennung der Nato ausgelegt.
Bundeswehrveteranen zeigen sich irritiert über den Lieferungsbeschluss, nachdem weniger komplexe Systeme als nicht schnell genug einsetzbar verworfen wurden. Ein Twitter-Nutzer mit dem Alias »Der Gepardkommandant«, der in den vergangenen Wochen intensiv die Waffenexportdebatte begleitete, verbreitete am Dienstag bissige Kommentare von »Kameraden« wie »Wie kriegt man das eigentlich hin, mit tödlicher Sicherheit immer die falsche Entscheidung zu treffen?«
Einen hab ich noch. Kommentar eines Heeresflakameraden aus der Schule zum Thema. pic.twitter.com/F1ENGpgFjg
— Der Gepardkommandant (@gepardtatze) April 26, 2022
Ein weiteres Problem könnte darin liegen, dass die Gepard-Kanonen und Munition aus Schweizer Produktion stammen, von der inzwischen zu Rheinmetall gehörenden Firma Oerlikon Contraves. Im Fall des Schützenpanzers Marder verbot die Schweiz eine Weitergabe an die Ukraine.