Kauf von Boston Dynamics Google schluckt Militärroboter-Hersteller

Google hat mit Boston Dynamics einen der innovativsten Roboter-Hersteller der Welt gekauft. Die US-Firma hat zuletzt vor allem für das Pentagon gearbeitet - und auch an Programmen mitgewirkt, die autonome Militärroboter zum Ziel haben. Was hat der Suchmaschinenkonzern vor?
"Wildcat": Rennroboter aus dem Hause Boston Dynamics

"Wildcat": Rennroboter aus dem Hause Boston Dynamics

Foto: Boston Dynamics

Es ist eine Shoppingtour, die ihresgleichen sucht: Allein in diesem Jahr hat Google 18 Unternehmen gekauft . Nur bei fünf dieser Deals wurde der Preis bekannt, und allein diese Summe beläuft sich auf knapp 1,2 Milliarden Dollar. Offen ist derzeit, wie viel Geld der Suchmaschinen-, Smartphone- und Technologiekonzern für die restlichen 13 Unternehmen gezahlt hat. Auffällig ist: Fünf der Firmen arbeiten an Robotik.

Während Redwood Robotics, Bot & Dolly, Holomni und Meka Robotics eher kleine Unternehmen sind, hat Google auch einen äußerst prominenten Namen auf der Liste seiner Zukäufe: Boston Dynamics. Laut einem Bericht der "New York Times" ist das ein deutlicher Hinweis darauf, dass Google in Zukunft autonome Systeme anbieten könnte, die Aufgaben wie etwa Lagerarbeiten, Paketzustellungen oder sogar die Betreuung von Senioren übernehmen.

Allerdings könnte der Kauf von Boston Dynamics auch noch in eine andere Richtung deuten. Die Firma mit Sitz in Waltham (US-Bundesstaat Massachusetts) hat in den vergangenen Jahren mit spektakulären Entwicklungen auf sich aufmerksam gemacht, die meist einen militärischen Hintergrund hatten.

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Der Vierbeiner "Big Dog" etwa kann Lasten durchs Gelände schleppen, der mechanische Leopard "Cheetah" schneller sprinten als 100-Meter-Weltmeister Usain Bolt, die humanoiden Roboter "Petman" und "Atlas" bewegen sich auf geradezu unheimliche Art menschlich. All das präsentiert Boston Dynamics werbewirksam auf YouTube, wo die Firma inzwischen eine riesige Fangemeinde hat. Allein das Video, das den Vierbeiner "Wildcat" beim Lauf über einen Parkplatz zeigt, wurde seit seiner Veröffentlichung Anfang Oktober mehr als 15 Millionen Mal angeklickt.

Geld aus dem Pentagon

Ein großer Teil des Geldes für diese Entwicklungen stammt von der Defense Advanced Research Projects Agency (Darpa), der Forschungsabteilung des Pentagons. Das US-Verteidigungsministerium investiert seit Jahren größere Summen in die Entwicklung von Robotern und in Systeme, die die Maschinen intelligenter und selbständiger machen sollen.

Ein Projekt namens "Autonomous Robotic Manipulation" (ARM) etwa verfolgt das Ziel, Roboter unabhängig Aufgaben erfüllen zu lassen, die "ein breites Interessenspektrum von Kämpfern" abdecken, wie es im Pentagon-Haushalt für 2014 heißt. ARM soll Roboter hervorbringen, die durch ihren hohen Grad an Autonomie den Menschen entlasten. Als Einsatzziel wird beispielsweise die Entschärfung improvisierter Bomben genannt, die in Krisengebieten wie Afghanistan gegen westliche Truppen eingesetzt werden. Weitere Möglichkeiten seien Minenräumung, die Rettung Verwundeter und die Wartung von Waffensystemen.

Zudem hat Boston Dynamics von der Darpa 10,8 Millionen Dollar (7,8 Millionen Euro) für die Entwicklung des "Atlas"-Roboters bekommen. Er soll an der "Darpa Robotics Challenge", einem mit zwei Millionen Dollar dotierten Wettbewerb, teilnehmen. Aus ihm sollen Roboter hervorgehen, die beispielsweise bei Naturkatastrophen oder anderen Unglücken wie etwa einem Atomreaktorunfall zum Einsatz kommen könnten.

Fernziel: Bewaffnete autonome Roboter

Allerdings steht außer Zweifel, dass das Pentagon auch daran interessiert ist, bewaffnete autonome Roboter einzusetzen. Im Juli 2012 veröffentlichte das Ministerium einen Bericht über Autonomie in militärischen Systemen . Darin heißt es, dass es technisch zwar schwierig sei, Robotern das Schießen unter Beachtung gewisser Einsatzregeln beizubringen. Doch sei es ein lohnendes Ziel, "Technologien voranzutreiben, mit denen diese Herausforderungen gemeistert werden können". Insbesondere die Entwicklung von Maschinen, die dem Menschen "spezifische kognitive Funktionen" abnehmen könnten, sei "ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg von ferngesteuerten Robotern zu autonomen Systemen".

Google distanziert sich vorsichtig von solchen Projekten. Man werde existierende Verträge zwischen Boston Dynamics und dem Militär zwar anerkennen, sagten namentlich nicht genannte Manager der "New York Times". Aber Google wolle nicht selbst zu einem Auftragsnehmer des Pentagons werden.

"Wettbewerbe wie die 'Darpa Robotics Challenge' zwingen die Teilnehmer, bedeutungsvolle Probleme zu lösen", erklärt Andy Rubin, bei Google für Robotik-Projekte verantwortlich, in einem Beitrag auf der Webseite seiner Firma. Man hoffe, dadurch etwa bei der Katastrophenhilfe weiterzukommen. Rubin, der maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des Android-Betriebssystems hatte, verglich sein Robotik-Vorhaben mit dem Start einer Mondrakete. Es werde noch Jahre dauern, bis daraus ein Produkt hervorgehe.

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