Klimaschutz Forscher halten unterirdische CO2-Lager für ungefährlich

Die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid soll den Klimawandel bremsen - doch in der Bevölkerung weckt die Technik Ängste. Jetzt geben Forscher zumindest in einer Hinsicht Entwarnung: Das Risiko, durch eine CO2-Freisetzung aus dem Erdboden zu sterben, sei minimal.
Protest gegen CCS: Die CO2-Speicherung im Erdboden ist umstritten

Protest gegen CCS: Die CO2-Speicherung im Erdboden ist umstritten

Foto: dapd

Die Gesundheitsgefahren durch die technische Speicherung von Kohlendioxid im Untergrund sind möglicherweise geringer als vielfach befürchtet. Das deutet jetzt eine Studie britischer Forscher an. Sie hatten untersucht, welches Risiko von vulkanischen Kohlendioxid-Quellen ausgeht, und daraus Vergleichswerte für die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) abgeleitet.

"Das Risiko, dass ein Mensch versehentlich durch eine solche CO2-Quelle stirbt, liegt bei knapp drei Hundertmillionstel pro Jahr", berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences".  Die Gefahr, vom Blitz erschlagen zu werden, sei rund tausendmal höher. Da bei einem Leck in einem technischen Kohlendioxidspeicher deutlich weniger CO2 austrete als bei den vulkanischen Quellen, sei das Risiko bei diesen Anlagen gering, konstatieren Studienleiter Stuart Haszeldine von der University of Edinburgh und seine Kollegen.

"Es gibt bisher keine direkten Erfahrungen mit der CO2-Abscheidung und -Speicherung in kommerziellem Maßstab", so die Wissenschaftler. Daher lasse sich das Gesundheitsrisiko eines Speicherlecks auch nicht direkt an einer solchen Anlage ermitteln. Es habe sich aber in der Studie gezeigt, dass natürliche CO2-Quellen eine gute Analogie zu möglichen Lecks in solchen Anlagen sein könnten.

"CCS kann nicht mit null Risiko durchgeführt werden", räumen auch Haszeldine und seine Kollegen ein. Aber man habe nun zumindest gezeigt, dass das Risiko für einen Todesfall selbst dann ziemlich klein wäre, wenn alle Abschirmungen versagten und CO2 an die Oberfläche gelangen sollte. "Die Sorge der Öffentlichkeit bezüglich eines Todes durch CO2-Lecks in solchen Speichern erscheint daher überzogen", meinen die Forscher.

Elf Todesfälle in 20 Jahren

Die Forscher hatten das Auftreten von Todesfällen im Umkreis von 286 ungesicherten vulkanischen CO2-Gasaustritten im Westen Italiens untersucht. "Solche Quellen finden sich dort sowohl in städtischen als auch in ländlichen Regionen", schreiben die Wissenschaftler. "Der Zugang ist normalerweise ungehindert möglich, Warnschilder existieren nur selten." Zwischen 10 und 100 Tonnen CO2 pro Tag würden an diesen Quellen austreten. Das sei ein Vielfaches dessen, was Modellrechnungen für Lecks bei CCS-Speichern prognostizierten.

In dem rund 20 Millionen Einwohner umfassenden Studiengebiet kam es zwischen 1990 und 2010 zu elf Todesfällen, heißt es in der Studie. Das entspreche einem Sterberisiko von 2,8 Hundertmillionstel pro Jahr. Zudem sei bei künstlichen CO2-Speichern der Zugang normalerweise beschränkt. Man müsse außerdem davon ausgehen, dass bei einem technischen Leck entsprechende Notfallmaßnahmen eingeleitet würden und dadurch die Menge des ausströmenden Gases schnell sinken würde.

Ehemalige Erdgaslagerstätten als Kohlendioxidspeicher

Bei der CCS-Technologie wird das Treibhausgas Kohlendioxid aus Abgasen zunächst abgeschieden und dann in unterirdische Speicher gepumpt. Genutzt werden sollen dafür unter anderem ehemalige Erdgas- oder Erdöllagerstätten. Dort soll es auf unbegrenzte Zeit gelagert werden und so keinen Einfluss mehr auf das Klimasystem ausüben können. Der Bundestag hatte im Juli dieses Jahres den Weg für die Einführung von CCS freigemacht.

Das Verfahren gilt als vielversprechende Hilfe beim Klimaschutz, ist aber besonders im Hinblick auf seine Sicherheit umstritten. "Die Angst vor einem Leck verbunden mit geringen Vorteilen für die lokale Bevöllkerung ist einer der Hauptgründe für die negative öffentliche Meinung gegenüber der CCS", so die Forscher.

mbe/dapd
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